§ 76. III. Stehender Gewerbebetrieb. 209
1888 (GS. S. 79): „Die Einrichtung von Kehrbezirken für Schorn-
steinfeger ist gestattet."
VI. Umfang, Ausübung und Verlust der Gewerbebefugnisse.
Ihrem Umfange nach begreift die Befugnis zum selbständigen
Betrieb eines stehenden Gewerbes das Recht in sich, in beliebiger Zahl
Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge, Arbeiter jeder Art, auch Stellvertreter
anzunehmen (§ 41). Letztere müssen jedoch den für das Gewerbe
vorgeschriebenen Erfordernissen genügen (88§ 45, 47).
Bezüglich der örtlichen Grenzen für die Ausübung des selbständigen,
stehenden Gewerbes geht das Gesetz von dem Grundsatz aus (§ 42),
daß auch die Ausübung außerhalb des Ortes der gewerblichen Nieder-
lassung insoweit frei ist, als das Gesetz nicht besondere Beschränkungen
(z. B. beim Gewerbebetrieb im Umherziehen, § 55) vorsieht.
Der Gewerbetreibende ist daher befugt, auch außerhalb des Gemeinde-
bezirkes seiner gewerblichen Niederlassung persönlich oder durch in
seinem Dienste stehende Reisende für die Zwecke seines Gewerbebetriebes
Waren aufzukaufen und Bestellungen auf Waren zu suchen, jedoch,
abgesehen von Bestellungen auf Druckschriften und Bilder und etwaigen
vom Bundesrat festgestellten Ausnahmen, nur bei Kaufleuten oder
Herstellern oder in offenen Verkaufsstellen (88 44, 44 a). Macht der
Gewerbetreibende von vorstehender Befugnis Gebrauch, so bedarf er
hierzu einer Legitimationskarte, welche von der Verwaltungsbehörde
des Niederlassungsortes ausgestellt wird (§ 44 a).
Bezüglich der Ausübung des Gewerbes ist aus Billigkeit bestimmt,
daß nach dem Tode eines Gewerbetreibenden das Gewerbe für Rechnung
der Witwe während des Witwenstandes, oder, wenn minderjährige
Erben vorhanden sind, für deren Rechnung durch einen gualifizierten
Stellvertreter betrieben werden kann, insofern die über den Betrieb
einzelner Gewerbe bestehenden besonderen Vorschriften nicht ein anderes
anordnen. Dasselbe gilt auch während der Dauer einer Kuratel
d. h. des Betriebsinhabers, nicht etwa der Hinterbliebenen oder
Nachlaßregulierung (§ 46).
Der Verlust der Gewerbebefugnisse tritt nach dem Gesetze infolge
der Untersagung freier Gewerbe und infolge der Zurücknahme persön-
licher Genehmigungen ein.
Die Untersagung kann zu jeder Zeit durch die höhere Verwaltungs-
behörde wegen überwiegender Nachteile und Gefahren für das Gemein-
wohl erfolgen (§ 51). Dem Besitzer der gewerblichen Anlage muß
alsdann für den erweislichen Schaden Ersatz geleistet werden.
Als Untersagungsgründe kommen in Betracht namentlich gesundheit-
liche Mißstände, Feuers= oder Wassersnot.
Gegen die untersagende Verfügung ist der Rekurs zulässig; wegen
der Entschädigung steht der Rechtsweg offen (§ 51 Abs. 2).
Die Zurücknahme persönlicher Genehmigungen kann von der Ver-
waltungsbehörde bei Approbationen der Medizinalpersonen (8 29) nur
dann ausgesprochen werden, wenn die Unrichtigkeit der Nachweise dar-
getan wird, auf Grund deren solche erteilt worden sind, oder wenn
Altmann, Handbuch der Verfassung 1. 14