Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

8 78. V. Marktverkehr. 8 79. VI. Taxen.. 211 
8 78. V. Marktverkehr (Titel 3 der GO. 88 64—71). 
Bezüglich des Marktverkehrs gelten Marktfreiheit, Rechtsgleichheit 
und Steuervorrechte. Da Marktfreiheit anerkannt ist, bedürfen aus- 
wärtige Besucher keines Wandergewerbescheines, wohl auch keiner Le- 
gitimationskarte. Die Rechtsgleichheit will besagen, daß alle gleich- 
gestellt sind, und nur gesetzlich bestimmte Ausnahmen gelten. Eine 
Anmeldepflicht des Besuchers des Marktortes besteht nicht. Alles dies 
wird in § 64 Abs. 1 zum Ausdruck gebracht, welcher lautet: Der 
Besuch der Messen, Jahr= und Wochenmärkte, sowie der Kauf und 
Verkauf auf denselben steht einem jeden mit gleichen Befugnissen frei. 
Die Steuervorrechte der Marktbesucher bestehen darin, daß der 
Marktverkehr weder der Hausiersteuer noch der Steuer vom stehenden 
Gewerbe unterworfen ist. Nach 8§ 68 darf der Marktverkehr in keinem 
Falle mit anderen, als solchen Abgaben belastet werden, welche eine 
Vergütung für den überlassenen Raum und den Gebrauch von Buden 
und Gerätschaften bilden. Streitig ist, ob hiernach die Gemeinden 
Gebühren für die Beaufsichtigung der Märkte erheben können (§ 6 
des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 GS. S. 152). 
Für Preußen vgl. Ges. vom 26. April 1872 (GS. S. 513) betr. 
die Erhebung von Marktstandsgeld nebst Ausf. Anw. vom 10. Juni 
1872 (Ml. S. 185) und ZG. 8§§ 130, 161, sowie wegen der 
Staatsgewerbesteuern GewSt G. 8§ 3 f., Hausiersteuergesetz §§ 2 f. 
Marktstandsgeld darf nur für Überlassung eines festen Verkaufsstandes 
auf dem Markt erhoben werden, andere, welche ohne festen Stand 
umhergehend Waren feilbieten, sind gar nicht zu belasten. KG. E. 
Bd. 24 C. 24. 
Die Zahl, Zeit und Dauer der Messen, Jahr= und Wochenmärkte 
wird von der zuständigen Verwaltungsbehörde festgesetzt. 
Zuständig sind in Preußen für Jahr= (Kram-) und Viehmärkte 
der Provinzialrat, in Berlin der Oberpräsident, für Wochenmärkte der 
Bezirksausschuß mit Zustimmung der Gemeindebehörden (LVG. 8§ 121). 
Beschwerdeinstanz ist für Berlin der Handelsminister, sonst für Wochen- 
märkte der Provinzialrat, für andere der Handelsminister. 
  
8 79. VI. Taxen (Titel 5 der G. 8§ 72—89). 
Grundsätzlich sollen polizeiliche Taxen d. h. „allgemeine polizeiliche 
Festsetzung der Preise in einzelnen Verkehrszweigen, sei es der Preise 
von Waren oder von gewerblichen Leistungen und Dienstverrichtungen“ 
(RG. E. in Zivils. Bd. 28 S. 116) künftig nicht vorgeschrieben 
werden (§ 72). Jedoch können die Bäcker und Verkäufer von Back- 
waren durch die Ortspolizeibehörde angehalten werden, die Preise und 
das Gewicht ihrer verschiedenen Backwaren für gewisse von derselben 
zu bestimmende Zeiträume durch einen von außen sichtbaren Anschlag 
am Verkaufslokale zur Kenntnis des Publikums zu bringen (5 73 
Abs. 1). Dieser Anschlag ist kostenfrei mit dem polizeilichen Stempel 
zu versehen und täglich während der Verkaufszeit auszuhängen. Gegen 
Unterlassung des Aushangs (§ 73), wenn letzterer durch Verfügung 
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