Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

216 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches. 
tätigkeiten auf andere, zu den obligatorischen Aufgaben nicht zu 
rechnende gewerbliche Interessen. Als Beispiele solcher gewerblichen 
Interessen werden erwähnt: Unterstützung, Errichtung und Leitung 
von Fachschulen und Erlaß von Vorschriften für Benutzung und 
Besuch der von ihnen errichteten Schulen, Veranstaltung von 
Gesellen- und Meisterprüfungen, Ausstellung von Prüfungszeugnissen, 
Unterstützung ihrer Mitglieder und deren Angehörigen, ihrer Gesellen 
(Gehülfen), Lehrlinge und Arbeiter in Fällen der Krankheit, des 
Todes, der Arbeitsunfähigkeit oder sonstiger Bedürftigkeit durch 
Errichtung von Kassen, Errichtung von Schiedsgerichten für Streitig- 
keiten der im § 4 des Gewerbegerichtsgesetzes 1) und im § 53a 
des KVG. bezeichneten Art zwischen Innungsmitgliedern und ihren 
Gesellen und Arbeitern, endlich Einrichtung eines gemeinschaftlichen 
Geschäftsbetriebes zur Förderung des Gewerbetriebes der Innungs- 
mitglieder (z. B. gemeinschaftlicher Einkauf von Rohstoffen, gemein- 
same Beschaffung und Benutzung von Maschinen, Errichtung ge- 
meinsamer Verkaufsstellen — Begr. von 1881 —).,7) Zu den 
gemeinsamen gewerblichen Interessen einer Fleischerinnung gehört auch 
die Errichtung einer Viehversicherung. Erl. des HM. vom 17. Januar 
1901. Die Errichtung der Kasse muß alsdann auf Grund des Ges. 
über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901 
(REl. S. 139) erfolgen. Erl. vom 25. Mai 1903 (HMl. S. 202). 
Für die sonst von den Innungen errichteten Unterstützungskassen finden 
die Bestimmungen vorstehenden Versicherungsgesetzes nach § 122 keine 
Anwendung. 
Über den Innungsbezirk bestimmt das Gesetz, daß er in der Regel 
nicht über den Bezirk der höheren Verwaltungsbehörde, in welchem 
die Innung ihren Sitz hat, hinausgehen soll. Ausnahmen bedürfen 
der Genehmigung der Landeszentralbehörde, bei Beteiligung der Gebiete 
mehrerer Bundesstaaten der Genehmigung der beteiligten Landes- 
zentralbehörden (§ 82). 
In Preußen ist der Bezirk der höheren Verwaltungsbehörde der 
Regierungsbezirk, für Berlin der Stadtkreis Berlin, Zentralbehörde 
der Handelsminister. Der Name der Innung, welcher ihr bei der 
Errichtung zu geben ist, hat sich von dem aller anderen, an demselben 
* odet in derselben Gemeinde befindlichen Innungen zu unterscheiden 
(6 82 Abs. 3). 
Jede Innung muß ein Statut haben. Das Gesetz unterscheidet 
bei demselben einen gesetzlich notwendigen und einen zulässigen Inhalt. 
Im allgemeinen wird bestimmt, daß die Aufgaben der Innung, die 
1) Streitigkeiten zwischen Mitgliedern und Lehrlingen gehören nicht vor das 
Schiedsgericht. Die Einrichtung des Schiedsgerichts schließt die Zuständigkeit des 
Gewerbegerichts aus (§ 84 Abs. 2 Gewerbegerichts Ges.). Die Entscheidungen des 
Schiedsgerichts sind stets nur vorläufige, anders bei Objekten unter 100 M. beim 
Gewerbegericht, wo sie endgültige sind. 
*) Dasselbe kann erreicht werden durch Bildung einer eingetragenen Genossenschaft. 
Unterschied besteht in der Entstehung, da die Genossenschaft frei von Genehmigung 
und Aufsicht ist, und in der Haftung, da die Genossen mehr oder weniger mit 
eigenem Vermögen einstehen. «
	        
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