§ 80. VII. Innungen, Innungsausschüsse, Handwerkskammern ꝛc. 221.
den Vorstand bilden. Eine Fortdauer der Legitimation für die spätere
Zeit als die der Ausstellung ist damit nicht anerkannt. Vgl. Jahrbuch
KG. Bd. 1 S. 106 vom 9. Juli 1880.
Was die Disziplinarbefugnisse des Vorstandes anlangt,
so ist er befugt, über Innungsmitglieder bei Verstößen gegen statutarische
Vorschriften Ordnungsstrafen, insbesondere Geldstrafen bis zum Betrage
von 20 M. zu verhängen. Als Ordnungsstrafen kommen ferner in
Betracht Rügen, Verweise, zeitweiliger Ausschluß von Innungsein-
richtungen, nicht aber Freiheitsstrafen. Über Beschwerden, die an keine
Frist gebunden sind, entscheidet die Aufsichtsbehörde, gegen die Ent-
scheidungen der Aufsichtsbehörde ist die weitere Beschwerde binnen vier
Wochen zulässig (8 96 Abs. 7).
Welche Pflichten dem Vorstande obliegen, ergibt sich sowohl aus
dem Gesetz, als aus dem Statut, da die von dem Vorstande zu
führende laufende Verwaltung nach näherer Bestimmung des Statuts
zu erfolgen hat.
Für pflichtmäßige Verwaltung haften die Mitglieder des Vorstandes
wie Vormünder ihren Mündeln (§ 92b Abs. 3). Nach § 1833 BGB.,
welcher von der Haftung des Vormundes gegenüber dem Mündel
handelt, ist der Vormund für den aus einer Pflichtverletzung ent-
stehenden Schaden verantwortlich, wenn ihm ein Verschulden zur Last
fällt. Objektiv muß demnach eine Pflichtverletzung vorliegen und
daraus ein Schaden entstanden sein. Ob ein Verschulden vorliegt, ist
in jedem einzelnen Falle als Tatfrage zu prüfen; jedoch handelt
schuldhaft, wer seine Pflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt. Die
Fahrlässigkeit setzt ein Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen
Sorgfalt (§ 276 Abs. 1 BG.) voraus. Positiv ausgedrückt würde
demnach dasjenige Maß von Sorgfalt (Vorsicht, Aufmerksamkeit) ver-
treten werden müssen, welches jeder ordentliche Hausvater anzuwenden
pflegt, so daß bei Anwendung einer Sorgfalt dieser Art der durch Fahr-
lässigkeit verursachte Schaden hätte vorausgesehen und vermieden
werden können. (Vgl. Hesse, Deutsch. Vormundschaftsrecht. Berlin 1900.
Anm. 2 zu 8 1833 Abs. 1 S. 126.) Wendet man diese für die
zivilrechtliche Haftung der Vormünder anerkannten Grundsätze für die
Innungsvorstandsmitglieder an, so ergibt sich, daß eine Pflichtverletzung
stets dann vorliegen wird, wenn sie wider die gesetzlichen oder statu-
tarischen Vorschriften handeln. Hervorzuheben ist noch, daß der Vor-
stand nicht dadurch von der Haftung für statutenwidriges Verhalten
frei wird, daß letzteres von der Innungsversammlung genehmigt worden
ist. Eine besondere zivilrechtliche Haftung der Vorstandsmitglieder ist
für den Fall anerkannt, daß der Vorstand, wenn er die ihm nach
8 92 a Abs. 2 über jede Anderung in seiner Zusammensetzung und
über das Ergebnis jeder Wahl binnen 10 Wochen obliegende Anzeige
an die Aufsichtsbehörde unterlassen hat, für den Schaden verantwortlich
ist, der daraus entsteht, daß dritten Personen die Kenntnis von der
inzwischen eingetretenen Anderung des Vorstandes nicht nachgewiesen
werden kann (8 92 a Abs. 2).