230 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
für die ihm angeschlossenen Innungen und deren Angehörige zur Unter-
stützung in Fällen der Krankheit, des Todes, der Arbeitsunfähigkeit
oder sonstiger Bedürftigkeit Kassen zu errichten, für welche Nebenstatuten,
die der Genehmigung des Reichskanzlers bedürfen, zu erlassen sind
(§& 104i). Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen
des Verbandes hat die Schließung des letzteren kraft Gesetzes zur
Folge (§ 1041). Neben dieser Schließung kraft Gesetzes findet sich
noch eine Schließung des Verbandes kraft behördlicher Anordnung in
den Fällen des § 104 f. Woll zu unterscheiden ist hiervon die frei-
willig beschlossene Auflösung (§ 104a Abs. 1 lit. g).
81. VIII. Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Gehülfen,
ehrlinge, Betriebsbeamte, Weerhweeister, Techniker, Fabrik-
arbeiter).
(Titel 7 der GO.)
I. Allgemeine Verhältnisse.
Abschluß des Vertrages. Vertragsfreiheit. Indem
die GO. im § 105 bestimmt, daß die Festsetzung der Verhälltnisse
zwischen den selbständigen Gewerbetreibenden und den gewerblichen
Arbeitern vorbehaltlich der durch Reichsgesetz begründeten Beschränkungen,
Gegenstand freier Übereinkunft ist, so bekennt sich das Gesetz grund-
sätzlich bur Vertragsfreiheit. Diese bezieht sich nur auf den Inhalt
des Arbeitsvertrages, nicht auf seine Form. Letztere regelt sich, eben-
so wie die Geschäftsfähigkeit, nach dem bürgerlichen Rechte. BGB.
§ 104 ff., 611 ff. Ausnahmen hiervon sind, abgesehen von solchen
in der GO. selbst, über Form und wesentlichen Ihalt des Ver-
trages vgl. z. B. 88 114 a, 126b, 134 a ff. und 139 k, 117, 133a,
88 139 ff. enthalten z. B. im Haftoflichtgesetz vom 7. Juni 1871
NGBl. S. 207 § 5 und in den Arbeiterversicherungsgesetzen (KVG.
§ 80, GuU VWG. S 141, JIVG. § 180).
Unter den im § 105 erwähnten „Beschränkungen“ können nach
NG. Entsch in Zivils. Bd. 38 S. 28 nicht alle Vorschriften ver-
standen werden, welche in Reichsgesetzen und namentlich in der Ge-
werbeordnung selbst über die Arbeiterverhältnisse, insbesondere das
Dienstverhältnis gegeben sind, sondern nur solche, welche ausdrücklich
als unabänderliche Gesetze bezeichnet sind oder ihrer Natur nach als
Vorschristen des öffentlichen Rechts diese Eigenschaft haben. Es ge-
hören dazu alle diejenigen Vorschriften, welche meistens mit Worten
wie bichn nicht“ (z. B. 88 106, 107, 116 a, 119a, 135—139)
oder „können nicht“ (z. B. 106 a) oder „ist verpflichtet“ (z. B. 88 115,
120) oder „es ist untersagt“ (z. B. 8 113) oder in anderer Weise
(3. B. 8 116), sei es zum Schutze der Arbeiter, namentlich der jugend-
lichen Personen und Frauen, sei es zur Sicherung der Sonntagsfeier oder
anderen polizeilichen Zwecken, bestimmte Verbote oder Gebote aufstellen.
Eine wichtige Folge der Anerkennung der Vertragsfreiheit besteht
darin, daß bei Vertragsbruch nur zivilrechtliche Folgen (vgl. z. B. 5 124b
als Strafe Betrag des ortsüblichen Tagelohnes für höchstens eine Woche)