§ 81. VIII. Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Gehülfen 2c.). 235
der Arbeitgeber einzutragen: Art und Umfang der Arbeit, Lohnsätze,
Bedingungen für die Lieferung von Werkzeugen und Stoffen, ev. nach
Bestimmung des Bundesrats Gewährung von Kost und Wohnung unter
Anrechnung oder Nichtanrechnung auf den Lohn. (§114a).
Bezüglich der Lohnzahlung an die Arbeiter sind folgende Schutz-
bestimmungen getroffen (§8 115—119b.)
Das Gesetz enthält das Verbot des sogenannten Trucksystems, das
heißt, daß die Zahlung des Lohnes in Waren (truck--tauschen) oder
anderen Zahlungsersatzmitteln (Surrogaten) erfolgen darf. Deshalb
wird bestimmt (§ 115), daß die Gewerbetreibenden verpflichtet sind,
die Löhne ihrer Arbeiter in Reichswährung zu berechnen und bar
auszuzahlen.
Die Anwendung des § 115 erstreckt sich nach § 119b auch auf
Hausindustrielle.
Da das Gesetz grundsätzlich die Barzahlung der Löhne verlangt,
dürfen den Arbeitern keine Waren von den Arbeitgebern kreditiert
werden (§ 115 Abs. 2 Satz 1). Jedoch ist ihnen gestattet, den Ar-
beitern Lebensmittel für den Betrag der Anschaffungskosten, Wohnung
und Landnutzung gegen die ortsüblichen Miets= und Pachtpreise,
Feuerung, Beleuchtung, regelmäßige Beköstigung, Arzneien und ärztliche
Hilfe, sowie Werkzeuge und Stoffe zu den ihnen übertragenen Ar-
beiten für den Betrag der durchschnittlichen Selbstkosten unter An-
rechnung bei der Lohnzahlung zu verabfolgen. Zu einem höheren
Preise ist die Verabfolgung von Werkzeugen und Stoffen für Akkord-
arbeiten zulässig, wenn derselbe den orlsüblichen nicht übersteigt und
im voraus vereinbart ist (8 115 Abs. 2 Satz 2 und 3).
Es frägt sich, ob die letztgedachten Vorschriften des Absatzes 2 Satz 2
und 3 nicht durch die allgemeine Vorschrift des § 394 BGB., welche
besagt, daß, soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist,
die Aufrechnung gegen die Forderung nicht stattfindet, beseitigt sind.
Bei der Beratung der Novelle von 1900 ist diese Frage jedoch ver-
neint worden (vgl. Stenographischen Bericht zur Novelle 1900 S. 2984 ff.).
Den Grund der fortdauernden Geltung wird man darin sehen müssen,
daß es sich um eine reichsrechtliche Sonderbestimmung handelt, welche
durch das Inkrafttreten des BG#B. nicht berührt wird (Art 32 E.
zum BG.). Ist in den Fällen des § 115 Abs. 2 Satz 2 und 3
vom Arbeitgeber ein zu hoher Preis berechnet worden, so kann bei
erhobener Klage die Verurteilung nur zu dem üblichen Preise erfolgen,
wegen des Mehrbetrages ist die Klage abzuweisen. Vgl. v. Brauchitsch,
Preuß. Verwaltungsgesetze Bd. 5 Anm. 2 zu § 118 7. Aufl. S. 244.
Um zu verhindern, daß Arbeiter am Zahlungsorte zu Ausgaben
verleitet werden, enthält § 115 a die Vorschrift, daß Lohn= und Ab-
schlagszahlungen in Gast= und Schankwirtschaften oder Verkaufsstellen
nicht ohne Genehmigung der untern Verwaltungsbehörde erfolgen dürfen.
Ferner sind Zahlungen an dritte verboten auf Grund von Rechts-
geschäften oder Urkunden über Rechtsgeschäfte, welche nach § 2 des
Gesetzes, betreffend die Beschlagnahme des Arbeits= oder Dienstlohns,
vom 21. Juni 1869 (BGBl. S. 242) rechtlich unwirksam sind.