Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

8 81. VIII. Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Gehülfen rc.). 243 
aufzuheben. JVG. § 97, GU G. 8 142. Beharrliche Weigerung 
hat zur Voraussetzung mehr fache Aufforderung des Arbeitgebers oder 
seines Vertreters und Nichtbefolgung des Befehls, wobei tatsächliche 
Nichterfüllung genügt. Ist für Ungehorsam oder Arbeitsverweigerung 
in der Arbeitsordnung Geldstrafe vorgesehen, so hat der Arbeitgeber 
die Wahl zwischen Geldstrafe und Entlassung. RG. vom 3. Mai 
1881 bei Reger, Bd. 1 S. 368. 
Zu e) Da eine grobe Beleidigung verlangt wird, genügt ein 
Schimpfwort allein noch nicht, es muß eine grobe Ehrverletzung damit 
verbunden sein. 
Zu h) Eine dauernde Unfähigkeit wird nicht gefordert. Steno- 
graphischer Bericht 1890/91 S. 2179. Liegt der Arbeitsunfähigkeit 
ein Unfall im Betriebe zugrunde, so kommen noch die Vorschriften 
der §§ 135, 136 GU VG. in Betracht. 
Eine sofortige Entlassung ist in den Fällen des § 123a—g aus- 
geschlossen, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem Arbeitgeber 
länger als 1 Woche bekannt sind. Mit Ablauf der Frist wird ein 
Verzicht auf das Entlassungsrecht vermutet. Diese Vermutung läßt 
keinen Gegenbeweis zu. 
In den Fällen des § 123a—gxg besteht ein Entschädigungsanspruch 
des Entlassenen überhaupt nicht. Im Falle der Etlasung wegen 
Arbeitsunfähigkeit oder wegen ansteckender Krankheit (§ 123h) sollen 
nach dem Gesetz (§ 123 Abs. 3) der Inhalt des Vertrages oder die 
allgemeinen gesetzlichen Vorschriften für den Entschädigungsanspruch 
des Entlassenen maßgebend sein. 
Unter den reichsgesetzlichen Vorschriften gewähren erhöhte Ansprüche 
bei Krankheit die Bestimmungen des Reichshaftpflichtgesetzes (§8 2, 
3a, 4, 9), das Krankenversicherungsgesetz und ferner das Gewerbe- 
unfallversicherungsgesetz. Für die sonstigen Entschädigungsansprüche ist 
von Wichtigkeit, auf wessen Seite (des Arbeitgebers oder des Arbeiters) 
ein Verschulden für die Erkrankung des letzteren liegt. 
Hat der Unternehmer selbst die Erkrankung des Arbeiters durch 
Verstoß gegen § 120 a verschuldet, so ist er nach § 120 a haftbar. Ist 
der Verpflichtete bei einem dauernden Dienstverhältnisse in die häus- 
liche Gemeinschaft des Dienstberechtigten aufgenommen, so hat der 
Dienstberechtigte ihm im Falle der Erkrankung, sofern dieselbe nicht 
vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt worden ist, die 
erforderliche Verpflegung und ärztliche Behandlung bis zur Dauer 
von sechs Wochen, jedoch nicht über die Beendigung des Dienst- 
verhältnisses, zu gewähren. Diese Verpflichtung des Dienstberechtigten 
tritt jedoch nicht ein, wenn für die Verpflegung und ärztliche Be- 
handlung durch eine Versicherung oder durch eine Einrichtung der 
öffentlichen Krankenpflege Vorsorge getroffen ist (§ 617 Abs. 1 und 2). 
Im allgemeinen kommen endlich noch die §§8 324 f., 616 BGB. 
in Betracht, wonach der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs 
auf die Vergütung nicht dadurch verlustig wird, daß er für eine ver- 
hältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person 
liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert 
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