8 81. VIII. Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Gehülfen ꝛc.). 245
Ob ein wichtiger Grund zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses
gegeben ist, ist nach den Umständen des einzelnen Falles zu beurteilen.
Als wichtiger Grund zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gelten
Todesfälle, schwere Erkrankungen in der Familie des Arbeitgebers
oder Arbeiters, bei weiblichen Arbeitern auch die Gelegenheit
zur Verheiratung; vgl. Stenographischen Bericht zur Novelle 1891
S. 2182 ff., 2785.
8. Ersatzanspruch im Falle des Kontraktbruchs (§ 124b).
Hat ein Geselle oder Gehilfe rechtswidrig die Arbeit verlassen, so
kann der Arbeitgeber als Entschädigung für den Tag des Vertrags-
bruchs und jeden folgenden Tag der vertragsmäßigen oder gesetzlichen
Arbeitszeit, höchstens aber für eine Woche, den Betrag des ortsüblichen
Tagelohns (§ 8 des Krankenversicherungsges. jetzt in der Fassung der
Novelle vom 25. Mai 1903 RGBl. S. 233) fordern. Diese Forderung
ist an den Nachweis eines Schadens nicht gebunden. Durch ihre
Geltendmachung wird der Anspruch auf Erfüllung des Vertrages und
auf weiteren Schadenersatz ausgeschlossen. Dasselbe Recht steht dem
Gesellen oder Gehülfen gegen den Arbeitgeber zu, wenn er von
diesem m rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses entlassen
worden ist.
Rechtliche Natur der Entschädigung des § 124 b.
Die Entschädigung ist ihrer Höhe nach fest bestimmt, ein Nachweis
des Schadens ist nicht erforderlich, demnach ist auch der Gegenbeweis,
daß der Schaden im einzelnen Falle höher oder geringer gewesen sei,
nicht zulässig.
Macht der Arbeitgeber von dem ihm im § 124b gegebenen Rechte
Gebrauch, so kann er weitere Ansprüche nicht geltend machen. Außer
dem Rechte des § 124b kann der Arbeitgeber bei Kontraktbruch klagen
à) auf Erfüllung des Vertrages,
b) auf Ersatz des nachgewiesenen Schadens,
C) auf Zahlung der vereinbarten Konventionalstrafe,
) auf Zahlung vertragsmäßig verwirkter Lohnbeträge.
Unter „rechtswidrig“ ist jede objektiv vertragswidrige Auflösung
des Arbeitsverhältnisses (vorzeitig, ohne gesetzlichen (§#§ 123—124a)
oder vertragsmäßigen Grund) zu verstehen. Ob der Verpflichtete in
gutem Glauben oder schuldhaft gehandelt hat, ist unerheblich.
Die Woche umfaßt 6 Tage, bei Arbeitern, die auch Sonntags
arbeiten, 7 Tage.
Über die Zusammenstellung der ortsüblichen Tagelöhne vgl. Anhang
zu Nr. 54 des Zentralblatts 1901.
Die gleiche Befugnis wie dem Arbeitgeber im Falle des Kontrakt-
bruchs wird im Falle des § 124b auch dem Gesellen oder Gehilfen
gegeben. Auch er kann, sobald er den Anspruch aus § 124b geltend
gemacht hat, weitere Ansprüche nicht erheben. Hat er nach der Ent-
lassung sofort Arbeit gefunden, so braucht er sich deren Wert bei dem
Anspruch aus § 124b nicht in Abzug-bringen zu lassen, da auch hier
der Einwand des geringeren tatsächlichen Schadens unzulässig ist.