246 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
Die Entscheidung der aus § 124 b entstehenden Streitigkeiten steht
den Gewerbegerichten zu (GewGG. 8 4).
9. Verleitung zum Kontraktbruch.
Ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehülfen verleitet, vor
rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeit zu ver-
lassen, ist dem früheren Arbeitgeber für den entstandenen Schaden oder
den nach § 124b an Stelle des Schadenersatzes tretenden Betrag als
Selbstschuldner mitverhaftet. Eine gleiche Haftung wird begründet bei
Annahme des Arbeiters trotz Kenntnis des bestehenden Vertragsver-
hältnisses oder bei Weiterbeschäftigung des Arbeiters nach erlangter
Kenntnis von dem anderweit bestehenden Vertragsverhältnis über
14 Tage hinaus (§ 125 Abs. 1 u. 2).
Die Entlassung des Arbeiters innerhalb der gesetzten Frist ist in
dem letztgedachten Falle Pflicht und Voraussetzung der Nichthaftung
des Arbeitgebers.
Die Haftung des Arbeitgebers ist eine solidare neben der des.
Arbeiters, die durch § 125 nicht berührt wird. Bezüglich der Solidar-
haftung finden die Vorschriften der §§ 421—426 BGB. Anwendung.
Verzicht des Geschädigten auf Fortsetzung der Arbeit ist nur er-
heblich, wenn er vor der Annahme erklärt ist, weil dann das Erfordernis.
des Vertragsbruchs fehlt.
Die Entscheidung der Streitigkeiten steht den ordentlichen Gerichten
zu. Gewerbegerichtsgesetz § 1. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt
sich nach dem Orte der widerrechtlichen Annahme.
III. Lehrlingsverhältnisse.
A. Allgemeine Bestimmungen.
1. Geltungsbereich der allgemeinen Bestimmungen.
Sie gelten für alle Gewerbetreibenden, die unter die G. fallen,
dagegen gelten die besonderen Bestimmungen (B) nur für Handwerker.
Nach § 154 Abs. 1 finden die §§ 126—132 für Lehrlinge in Apotheken
und Handelsgeschäften keine Anwendung.
2. Begriff des Lehrlings. Eine Begriffsdefinition gibt das
Gesetz nicht. Die im § 115 der GO. von 1869 enthaltene Definition
ist bei Redaktion der Novelle von 1878 absichtlich gestrichen worden.
Darnach ist die Frage, ob ein Lehrverhältnis vorliegt, nach den Um-
ständen des Einzelfalles zu beurteilen. Jedoch sind wesentlich: a) ein
Vertragsverhältnis, b) Zweck des Arbeitsverhältnisses. Dieser muß
dahin gehen, dem Arbeiter, welcher als Lehrling beurteilt werden soll,
die Ausbildung in dem Gewerbszweige seines Arbeitgebers zu er-
möglichen, insbesondere ihn im Gewerbe praktisch zu unterweisen
(OVG. E. vom 5. März 1898 PVl. 19 S. 426 und E. vom
9. Mai 1901 PVBl. 22 S. 592). Unerheblich ist die Bezeichnung
des Verhältnisses durch die Parteien oder der Gebrauch des Wortes
Lehrvertrag oder die Bestimmung im Vertrage, daß ein Lehrverhältnis
nicht bestehen soll, ob Lehrgeld gezahlt wird, und ob die Arbeitsleistung
gegen Lohn erfolgt.