14 1. Buch. 1. Abschnitt. Staatsrechtliche Grundlagen.
Bei der mittelbaren (repräsentativen) Demokratie wird die Staats-
gewalt ausgeübt durch Vertreter, die auf bestimmte Zeit gewählt sind.
Bei der Wahlaristokratie erfolgt die Wahl auf Lebenszeit.
8 8. Die Staatenverbindungen.
Staatenverbindungen sind Vereinigungen mehrerer Staaten zu einem
einheitlichen Ganzen, ohne daß diese Staaten ihre Sonderexistenz
aufgeben.
Als derartige staatsrechtliche Verbindungen sind zu nennen 1. die
Realunion, 2. der Bundesstaat, 3. Staatenstaat und gewissermaßen
auch 4. der bloße Staatenbund. Dagegen gehören hierzu nicht die
Allianz, welche nur eine Vereinigung behufs Erlangung bestimmter
einzelner Angelegenheiten, z. B. Abschluß eines Schutz= und Trutz-
bündnisses oder zum Zwecke 1) gemeinsamen Handelns, darstellt (eine
völkerrechtliche Obligation begründet) und die Personalunion, welche
nur eine zufällig eingetretene, vorübergehende Vereinigung mehrerer
Staaten unter demselben Oberhaupte ist. Beispiele für eine Personal--
union bilden: Schleswig-Holstein und Dänemark, das deutsche Reich
und Spanien unter Karl V., Neuchätel und Preußen 1707—1857,
England und Hannover 1714—1837, Luxemburg und die Niederlande
seit 1815, Lauenburg und Preußen 1865—1876, Moldau und
Walachei 1859 in Personalunion, 1861 in Realunion zum Fürsten-
tum Rumänien vereinigt.
1. Die Realunion ist die Vereinigung mehrerer Staaten unter
Wahrung ihrer Individualität von Rechts wegen durch einzelne ge-
meinsame Institutionen, wie Heer, völkerrechtlicher Verkehr, Finanz-
wesen, wobei gleichzeitig eine verfassungsmäßige Gemeinsamkeit des
Staatsoberhauptes besteht, kraft deren das Oberhaupt des einen
Staates jederzeit auch Oberhaupt des anderen Staates sein soll. Da-
durch, daß die Verbindung eine staatsrechtliche, auf die Dauer be-
rechnete ist, unterscheidet sich die Realunion von der bloßen Personal-
union. Gemeinsam ist beiden Vereinigungen das gemeinschaftliche
Herrschersubjekt.
Beispiele für eine Realunion bilden folgende Staaten: Schleswig
und Holstein 1460—1863, Schweden und Norwegen seit 1814, Polen
und Rußland 1815—1832, Osterreich und Ungarn nach dem Ver-
fassungsgesetz vom 21. Dezember 1867.
2. Beim Bundesstaat besteht die staatsrechtliche Verbindung darin,
daß mehrere Einheits= (Einzel-sstaaten durch völkerrechtlichen Vertrag
eine neue, selbständige Staatsgewalt aus sich heraus ins Leben rufen
und ihr einen Teil der ihnen bisher zustehenden Hoheitsrechte über-
tragen. Infolgedessen sind die so vereinigten Einzelstaaten einer
doppelten Staatsgewalt unterworfen, nämlich einer für jeden Einzel-
staat verschiedenen Landesstaatsgewalt und zugleich einer ihnen für ge-
wisse Angelegenheiten gemeinsamen Zentralstaatsgewalt.
1) Beispiele: Dreibund, die Allianz zwischen Rußland und Frankreich, die heilige
Allianz von 1815 zwischen Preußen, Osterreich und Rußland.