8 81. VIII. Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Gehülfen rc.). 263
Verwendung von Arbeiterinnen sowie von jugendlichen Arbeitern für
gewisse Fabrikationszweige, welche mit besonderen Gefahren für Ge-
sundheit oder Sittlichkeit verbunden sind, darf der Bundesrat gänzlich
untersagen oder von besonderen Bedingungen abhängig machen. Die
durch Beschluß des Bundesrats getroffenen Bestimmungen, welche
zeitlich zu begrenzen sind, sind durch das Reichsgesetzblatt zu veröffent-
lichen und dem Reichstage bei seinem nächsten Zusammentritte zur
Kenntnisnahme vorzulegen.
In Verfolg der in S 139 a dem Bundeerat erteilten Ermächtigung
sind eine Reihe von Beschlüssen des Bundesrats ergangen z. B. be-
treffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen in Meiereien (Molkereien)
(Bek. vom 10. Juni 1904), in Konservenfabriken (Bek. vom 11. März
1898), betr. die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen
Arbeitern in Zichorienfabriken (Bek. vom 31. Januar 1902), in Glas-
hütten 2c. (Bek. vom 5. März 1902), in Rohzuckerfabriken 2c. (Bek.
vom 5. März 1902), in Steinkohlenbergwerken 2c. (Bek. vom 20. März
1902 u. Bek. vom 24. März 1903), in Walz= und Hammerwerken
(Bek. vom 27. Mai 1902).
Abgesehen von der Kinderarbeit in Fabriken sind neuerdings noch
besondere reichsgesetzliche Bestimmungen, welche die Kinder-
arbeit in allen gewerblichen Betrieben regeln, ergangen.
Das Gesetz betr. Kinderarbeit in gewerblichen Be-
trieben vom 30. März 1903 (Rol. 113) ergänzt die bestehenden
reichsgesetzlichen Vorschristen über die Beschäftigung von Kindern.
Als Kinder im Sinne dieses Gesetzes gelten Knaben und Mädchen
unter 13 Jahren, sowie solche Knaben und Mädchen über 13 Jahre,
welche noch zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind (§ 2). Bei
der Beschäftigung dieser Kinder unterscheidet das Gesetz zwischen
eigenen und fremden Kindern. Als eigene Kinder sind die dem Haus-
stande des Arbeitgebers angehörenden, mit diesem bezw. dessen Ehe-
gatten bis zum 3. Grade verwandten, von diesem an Kindes Statt an-
genommenen, bevormundeten, in dessen Zwangserziehung befindlichen
Kinder anzusehen, alle übrigen sind fremde (§ 3).
Verboten ist die Beschäftigung aller Kinder bei Bauten
aller Art, Steinklopfen, im Schornsteinfegergewerbe, im Fuhrwerks-
betriebe, beim Mischen und Mahlen von Farben, bei Arbeiten in
Kellereien (§ 4 Abs. 1), bei öffentlichen theatralischen Vorstellungen
und anderen öffentlichen Schaustellungen (§ 6 Abs. 1). In den letzt-
erwähnten Fällen kann jedoch, sofern bei den Vor= und Schaustellungen
ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft obwaltet, die untere
Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Schulaufsichtsbehörde Aus-
nahmen zulassen (§ 6 Abs. 2). Im Betriebe von Gast= und Schank-
wirtschaften dürfen Kinder unter 12 Jahren überhaupt nicht und
Mädchen unter 14 Jahren nicht bei der Bedienung der Gäste be-
schäftigt werden (8§ 5).
Im Betriebe von Werkstätten, in denen eine Kinderarbeit nicht
überhaupt verboten ist, im Handels= und Verkehrsgewerbe
dürfen fremde Kinder nicht unter zwölf, eigene Kinder nicht unter