264 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
zehn Jahren, für dritte eigene Kinder nicht unter zwölf Jahren be-
schäftigt werden. Die Beschäftigung darf nicht in der Zeit zwischen
8 Uhr abends und 8 Uhr morgens und nicht vor dem Vormittags-
unterricht, am Nachmittag erst eine Stunde nach beendetem Unterricht
erfolgen; über Mittag ist eine zweistündige Pause zu gewähren. Fremde
Kinder dürfen nicht länger als 3 Stunden, während der Schulferien
nicht länger als 4 Stunden beschäftigt werden; bei eigenen Kindern
besteht diese Beschränkung nicht. Mit dem Austragen von Waren
und sonstigen Botengängen dürfen fremde Kinder unter 12 Jahren
nicht beschäftigt werden, dagegen ist die Beschäftigung von eigenen
Kindern gestattet. Bei der Tätigkeit eigener Kinder für dritte besteht
jedoch insofern eine Beschränkung, als Zeitungen, Milch und Back-
waren nur von Kindern über 12 Jahre ausgetragen werden dürfen.
An Sonn= und Festtagen dürfen Kinder in gewerblichen Betrieben
nicht mehr beschäftigt werden (8 9 Abs. 1); zugelassen ist nur eine
Beschäftigung von Kindern über 12 Jahre mit dem Austragen von
Waren und sonstigen Botengängen in der Zeit zwischen 8 und 1 Uhr
vormittags während höchstens 2 Stunden, wobei die Zeit des Haupt-
gottesdienstes und eine halbe Stunde freigelassen werden muß.
Der Beginn der gewerblichen Beschäftigung von Kindern ist ab-
ängig:
h “ von der Ausstellung einer Arbeitskarte auf Antrag oder mit
Zustimmung des gesetzlichen Vertreters seitens der Ortspolizeibehörde
für das zu beschäftigende Kind;
b) von einer schriftlichen Anzeige des Arbeitgebers an die Orts-
polizeibehörde.
V. Aufsicht.
Um die Beobachtung und Durchführung der reichsgesetzlichen Vor-
schriften über die Sonntagsruhe, die Schutzvorschriften der 8§ 120a-e,
die Arbeitsordnungen, die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter und
Arbeiterinnen in Fabriken und gleichgestellten Anlagen zu überwachen,
sind besondere Beamte von den Landesregierungen zu bestellen, die
zu amtlichen Revisionen zu jeder Zeit auch nachts, die Betriebsstätte
besuchen, statistisches Material von den Arbeitgebern verlangen dürfen.
Sie haben Jahresberichte über ihre amtliche Tätigkeit zu erstatten
(8 139b). Vorstehende Beamte sind Landesbeamte mit reichsrechtlichen
Obliegenheiten. Für ihre Vorbildung, Ernennung, dienstliche Stellung
ist das Landesrecht maßgebend. Die diesen Beamten zustehende Aufsicht
umfaßt nicht nur Vornahme von Revisionen und Ermittlungen, Bericht-
erstattung und dgl. informierende Tätigkeit, sondern auch den Erlaß
von Verfügungen, soweit solche landesgesetzlich der Ortspolizei zustehen,
jedoch ist hierbei eine vorgängige Verständigung mit der Ortspolizei
landesgesetzlich in der Regel vorgeschrieben.
In Preußen sind die Funktionen der vorgedachten Beamten den bei
jeder Regierung angestellten Regierungs= und Gewerberäten mit den
Gewerbeinspektoren und Hülfsarbeitern (Assistenten) übertragen. Allerh.
Erl. v. 27. April 1891, betr. d. Anstellung von Regierungs= und