§ 83. X. Gewerbegerichte. 273
aufnahme des Arbeitsverhältnisses als Einigungsamt angerufen werden.
Der Anrufung ist Folge zu geben, wenn sie von beiden Teilen ausgegangen
ist. Eine Vertretung der Parteien ist zulässig, jedoch müssen die Vertreter
in der Regel das 25. Lebensjahr vollendet haben, im Besitze der
bürgerlichen Ehrenrechte und nicht durch gerichtliche Anordnung in der
Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sein. Die Zahl der Ver-
treter jedes Teiles soll in der Regel nicht mehr als drei betragen, jedoch
ist die Zulassung einer größeren Anzahl zulässig.
Der Vorsitzende ist befugt, zur Einleitung der Verhandlung und in
deren Verlauf an den Streitigkeiten beteiligte Personen vorzuladen
und zu vernehmen.
Das Gewerbegericht, welches als Einigungsamt tätig wird, besteht
neben dem Vorsitzenden aus Vertrauensmännern der Arbeitgeber
und Arbeiter in gleicher Zahl.
Die Vertrauensmänner sind von den Beteiligten zu bezeichnen,
eventl. von dem Vorsitzenden zu ernennen und zwar mindestens zwei
für jeden Teil.
Die Vertrauensmänner dürfen nicht zu den Beteiligten gehören.
Das Einigungsamt hat durch Vernehmung der Vertreter beider
Teile die Streitpunkte und die für die Beurteilung derselben in Betracht
kommenden Verhältnisse festzustellen. Zu diesem Zwecke können Aus-
kunftspersonen vorgeladen und vernommen werden, ist jedem Beisitzer
und Vertrauensmann das Fragerecht gegeben.
Nach Schluß der Ermittlungen haben die streitenden Teile sich zu
äußern, und demnächst findet ein Einigungsversuch mit ihnen statt.
Kommt eine Vereinbarung zustande, so ist der Inhalt derselben
durch eine von sämtlichen Mitgliedern des Einigungsamts und von den
Vertretern beider Teile zu unterzeichnende Bekanntmachung zu ver-
öffentlichen.
Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, so hat das Einigungsamt
einen Schiedsspruch, welcher stempelfrei ist, abzugeben, welcher sich auf
alle zwischen den Parteien streitigen Fragen zu erstrecken hat.
Die Beschlußfassung über den Schiedsspruch erfolgt mit einfacher
Mehrheit. Wenn bei der Abstimmung über den Schiedsspruch die
Stimmen der Beisitzer und Vertrauensmänner beider Parteien sich
durchweg gegenüberstehen, so kann sich der Vorsitzende seiner Stimme
enthalten und feststellen, daß ein Schiedsspruch nicht zustande ge-
kommen sei.
Ist ein Schiedsspruch zustande gekommen, so ist derselbe den Ver-
tretern beider Teile mit der Aufforderung zu eröffnen, sich binnen
einer zu bestimmenden Frist darüber zu erklären, ob sie sich dem Schieds-
spruch unterwerfen. Die Nichtabgabe der Erklärung binnen der be-
stimmten Frist gilt als Ablehnung der Unterwerfung.
Nach Ablauf der Frist hat das Einigungsamt eine von sämtlichen
Mitgliedern desselben unterzeichnete öffentliche Bekanntmachung zu er-
lassen, welche den abgegebenen Schiedsspruch und die darauf abgegebenen
Erklärungen der Parteien enthält. Ist weder eine Vereinbarung noch
Altmann, Handbuch der Verfassung I. 18