Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

274 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches. 
ein Schiedsspruch zustande gekommen, so ist dies von dem Vorsitzenden 
des Einigungsamts öffentlich bekannt zu machen. 
H. Gutachten und Anträge der Gewerbegerichte (8 75). 
Der von der Kommission neu eingefügte vierte Abschnitt ver- 
pflichtet das Gewerbegericht, auf Ansuchen von Staatsbehörden oder 
des Vorstandes des Kommunalverbandes, für welchen es errichtet ist, 
Gutachten über gewerbliche Fragen zu erstatten, und berechtigt es, 
in gewerblichen Fragen Anträge an Behörden, an Vertretungen von 
Kommunalverbänden und an die gesetzgebenden Körperschaften 
der Bundesstaaten oder des Reichs zu richten. 
J. Verfahren vor dem Gemeindevorsteher (8§8 76—80). 
Der fünfte Abschnitt des Gewerbegerichtsgesetzes (Verfahren vor dem 
Gemeindevorsteher) trifft Bestimmungen bezüglich des Verfahrens bei Nicht- 
vorhandensein eines Gewerbegerichts. In diesen Fällen kann imerster Linie 
das ordentliche Gericht angerufen werden. Es kann aber auch, jedoch nur, 
soweit es sich um den Antritt, die Fortsetzung oder die Auflösung des 
Arbeitsverhältnisses, die Aushändigung oder den Inhalt des Arbeitsbuches 
handelt, die vorläufige Entscheidung des Gemeindevorstehers nach- 
gesucht werden, welche zu erlassen ist, nachdem den Parteien Gelegen- 
heit gegeben worden ist, ihre Ausführungen und Beweismittel in einem 
Termine vorzubringen. Die Entscheidung des Gemeindevorstehers ist 
schriftlich abzufassen und geht in Rechtskraft über, wenn nicht binnen 
einer Notfrist von zehn Tagen von der Verkündung eventl. bei Ab- 
wesenheit einer Partei von der Behändigung ab gerechnet von einer 
der Parteien Klage bei dem ordentlichen Gericht erhoben wird. Die 
Entscheidungen des Gemeindevorstehers sind von Amts wegen für vor- 
läufig vollstreckbar zu erklären und werden ebenso, wie die vor dem 
Gemeindevorsteher geschlossenen Vergleiche, auf Antrag der Partei auf 
Ersuchen des Gemeindevorstehers durch die Ortspolizeibehörde nach den 
Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren vollstreckt (bei der 
Vollstreckung zwecks Beitreibung von Geldbeträgen kommen die Vor- 
schriften betreffend das Verwaltungszwangsverfahren wegen Beitreibung 
von Geldbeträgen vom 15. November 1899 (GS. S. 545), abgeändert 
durch Verordnung vom 18. März 1904 (GS. S. 36), im übrigen 
LVG. 8§§ 132 ff. zur Anwendung). 
In den Schlußbestimmungen (sechster Abschnitt) wird die Unanwend- 
barkeit des Gesetzes auf Gehülfen und Lehrlinge in Apotheken und 
Handelsgeschäften, ferner auf die Betriebe der Militär= und Marine- 
verwaltung festgestellt. Für die dem Bergbau angehörenden Gewerbe- 
gerichte werden im Anschluß an dieses Gesetz gewisse von nun an 
gültige Minimalvorschriften gegeben. Das Recht der Innungen zur 
Einrichtung besonderer Schiedsgerichte, sowie zur Entscheidung von 
Lehrlingsstreitigkeiten wird auch beim Vorhandensein eines Gewerbe- 
gerichts als fortbestehend anerkannt; ferner sind die nach § 14 Ziff. 4 
GVG. zugelassenen, auf Grund der Landesgesetze zur Entscheidung ge- 
werblicher Streitigkeiten berufenen Gewerbegerichte aufrecht erhalten. 
Die Abänderung ihrer Verfassung ist für die in Preußen bestehenden 
 
	        
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