§ 85. Krankenversicherung. 285
6) Im Falle der Erwerbsun fähigkeit, d. h. der auf
Krankheit beruhenden Unfähigkeit, Berufsarbeiten vorzunehmen, vom
3. Tage nach dem Tage der Erkrankung ab für jeden Arbeitstag der
halbe Tagelohn nach dem Statut als Krankengeld. Die
Krankenunterstützung endet nach Art. 1 des Ges. vom 25. Mai 1903
(RöEl. S. 233) spätestens mit dem Ablaufe der 26. Woche nach
Beginn des Krankengeldbezuges. Endet der Bezug des Krankengeldes
erst nach Ablauf der 26. Woche nach dem Beginne der Krankheit,
so endet mit dem Bezug des Krankengeldes zugleich auch der Bezug
der freien ärztlichen Behandlung und der Gewährung von Heilmitteln.
Ist ein Durchschnittstagelohn in Preußen von dem Regierungs-
präsidenten festgesetzt, so ist dieser nur bis zum Betrage von 4 M.
zu berücksichtigen; bei klassenweiser Abstufung des Tagelohns nach
Individuallohn kann er bis zu 5 M. berücksichtigt werden.
7) Eine Unterstützung in Höhe des Krankengeldes an Wöch-
nerinnen, welche innerhalb des letzten Jahres, vom Tage der Ent-
bindung ab gerechnet, mindestens 6 Monate hindurch einer Zwangs-
kasse angehört haben, auf die Dauer von 6 Wochen (laut Ges. vom
25. Mai 1903).
4) Ein Sterbegeld im 20 fachen Betrage des durchschnitt-
lichen Tagelohnes, wenn das Mitglied innerhalb der 26 Wochen oder
bei andauernder Erwerbsunfähigkeit an derselben Krankheit inner-
halb eines Jahres nach Ablauf der Krankenunterstützung stirbt. (88 20
Abs. 3, §§ 64, 72, 73 KVG.) Das Sterbegeld ist demjenigen,
welcher das Begräbnis besorgt hat, in Höhe des ausgewendeten
Betrages auszuzahlen, einen etwaigen Überschuß erhält der überlebende
Ehegatte, bezw. nächste Erbe eventl. die Kasse (§§ 20 Abs. 4, 8§8 64,
72, 73 KVG.).
Die Gemeindekrankenversicherung ist zu folgenden Mindest-
leistungen verpflichtet (88 6, 8 K G.):
a) Vom Beginne der Krankheit ab freie ärztliche Behand-
lung, Arznei, sowie Brillen, Bruchbänder und ähnliche Heilmittel.
6) Im Falle der Erwerbsunfähigkeit ein Krankengeld,
das nach Prozenten des festzustellenden Durchschnittstagelohnes bemessen.
ist, auf 26 Wochen.
An Stelle der freien ärztlichen und sonstigen Heilbehandlung und des
Krankengeldes kann freie Kur und Verpflegung in einem
Krankenhause treten und zwar unbedingt für unverheiratete; bei
Verheirateten oder Erkrankten, welche bei ihrer Familie leben, nur
wenn sie zustimmen, oder wenn die Möglichkeit der Ansteckung, Not-
wendigkeit der Beobachtung oder Zuwiderhandlung gegen ärztliche oder
sonstige Verhaltungsvorschriften vorliegen.
Neben freier Kur und Verpflegung in einem Krankenhause kann,
falls der Untergebrachte Angehörige hat, deren Unterhalt bisher aus
seinem Arbeitsverdienste bestritten wurde, ein Krankengeld bis zur
Hälfte des durchschnittlichen Tagelohns bewilligt werden (Ges. vom
25. Mai 1903).