Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 10. Gesetz= und Verordnungsrecht. 19 
b) ferner in der Unterstellung von bürgerlichen Personen unter 
Kriegsgerichte und deren Verfahren, Verschärfung der Strafbestimmungen 
und Übergang der vollziehenden Gewalt auf den Militärbefehlshaber. 
Gemäß Art. 68 RV. gilt das preuß. Ges. vom 4. Juni 1851 auch 
im Reiche, jedoch mit Ausnahme von Bayern (Schlußbestimm, zum 
Abschnitt XI). 
9. Polizeiverordunngen sind Verordnungen, durch die eine Orts- 
oder Bezirkspolizeibehörde den Eingesessenen eines bestimmten Bezirks 
gewisse Handlungen ge= oder verbietet. 
Polizeiverfügungen sind Dienstbefehle, die sich auf einen konkreten 
Fall beziehen. 
Der Unterschied zwischen Polizeiverfügung und Polizeiverordnung 
besteht darin, daß die Polizeiverfügung sich an den einzelnen richtet 
und nur die Regelung individueller, konkreter Verhältnisse zum Gegen- 
stande hat. 
Die Polizeiverordnung dagegen hat den Charakter von allgemeinen 
abstrakten Anordnungen für jedermann. 
Die Form des Erlasses von Polizeivorschriften wird in den §§ 136 ff. 
des Ge über die allgem. Landesverw. vom 30. Juli 1883 (GS. S. 195) 
geregelt. 
Zuständig für den Erlaß von Polizeiverordnungen sind der Minister, 
Oberpräsident, Regierungspräsident. 
Notwendige Formerfordernisse einer Polizeiverordnung sind: 
a) Überschrift: Polizeiverordnung. 
b) Bezugnahme auf die einschlägigen Gesetzesbestimmungen, nämlich 
auf § 17 des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 
(GS. S. 265) und Gesetz über die allgem. LV. vom 30. Juli 1883. 
c) Bezugnahme auf die erfolgte Zustimmung bezw. Anhörung der 
Selbstverwaltungskörper. 
4) Ordnungsmäßige Publikation. (8 Tage nach Ausgabe des be- 
treffenden Amtsblattes, welches die Polizeiverordnung verkündet (§ 141 
des ALVG. vom 30. Juli 1883). 
Bei Kreis= und Ortspolizeivorschriften ist dem Regierungspräsidenten 
die Befugnis beigelegt, über die Art und Form der Gültigkeit der- 
selben nähere Bestimmung zu treffen. 
Die richterliche Nachprüfung hat sich bei Polizeiverordnungen auf 
folgende Punkte zu erstrecken: 
a) auf die Rechtsgültigkeit des die Delegation enthaltenden Gesetzes; 
b) ob die betreffende Verordnung sich überall in den Grenzen der 
Delegation gehalten hat, insbesondere ob die sachliche Zuständigkeit 
beobachtet ist; 
) ob die Polizeiverordnung unter Einhaltung der vom Gesetz vor- 
geschriebenen Förmlichkeiten zustande gekommen ist; 
d) ob die gesetzlich bestimmte Publikation gewahrt ist. 
Vollzugsverordnungen sind solche, welche die Verwirklichung eines 
geltenden Gesetzes zu erreichen bezwecken. 
2*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.