8 104. IV. Grundsätze der gesetzlichen Wehrpflicht. 331
und der reitenden Feldartillerie für die ersten drei, alle übrigen für die
ersten zwei Jahre zum aktiven Dienst bei der Fahne verpflichtet sind.
Nach Ableistung des aktiven Dienstes werden sie auf vier Jahre zur
Reserve beurlaubt. Die zur Reserve beurlaubten Mannschaften sind
zu zwei höchstens achtwöchigen ÜUbungen und zu jährlich zweimaligem
Besuche der Kontrollversammlungen verpflichtet.
Mannschaften der Fußtruppen, der fahrenden Feldartillerie und des
Trains, welche freiwillig, und Mannschaften der Kavallerie und reiten-
den Feldartillerie, welche gemäß ihrer Dienstverpflichtung im stehenden
Heere drei Jahre aktiv gedient haben, dienen in der Land-
wehr ersten Aufgebots drei Jahre. Mannschaften der Landwehr-
infanterie können während der Dienstzeit in der Landwehr ersten Auf-
gebots zweimal zu Ubungen in besonderen, aus Mannschaften des
Beurlaubtenstandes gebildeten Formationen auf 8—14 Tage, vom
Tage des Eintreffens beim Truppenteil an gerechnet, einberufen werden.
Die Landwehrkavallerie wird im Frieden zu Ubungen nicht heran-
gezogen.
Die Zeit für die Ubungen der Personen des Beurlaubtenstandes ist
unter möglichster Berücksichtigung der Interessen der bürgerlichen Berufs-
kreise, namentlich der Ernteverhältnisse, festzusetzen (RG. vom 15. April
1905, Rl. S. 249 §8§ 2—4).
Nach Ablauf von fünf Jahren treten die Personen des Beurlaubten-
standes zur Landwehr zweiten Aufgebots über, der sie bis zum 31. März
des Kalenderjahres, in dem sie das 39. Lebensjahr vollenden, verbleiben.
Mit der Beendigung der Zugehörigkeit zur Landwehr zweiten Auf-
gebots erlischt die Dienstpflicht im Beurlaubtenstande, und sie treten
alsdann zum Landsturm zweiten Aufgebots über.
Die Landsturmpflicht tritt nur für den Kriegsfall ein. In diesem
Falle kann der Landsturm auf Grund kaiserlicher Verordnung einberufen
werden. Er zerfällt ebenfalls in zwei Aufgebote. Dem Landsturm
gehören alle Wehrpflichtigen an, welche im aktiven Militärdienst nicht
gestanden haben.
Neben der eigentlichen Reserve gibt es noch die sogen. Ersatzreserve.
Zu dieser gehören die Überzähligen, zeitig untauglichen, bedingt taug-
lichen, die wegen häuslicher Verhältnisse Befreiten, die katholischen
Theologen, welche die Subdiakonatsweihe erhalten haben (Ges. vom
11. Februar 1888 § 8ff., vom 8. Februar 1890, Wehr O. 55s 13—40,
117). Die Ersatzreservisten können zu drei Ubungen von zehn, sechs und
vier Wochen eingezogen werden. Hinsichtlich der Kontrollversammlungen
stehen sie der Landwehr ersten Aufgebots gleich. Die Ersatzreserve-
pflicht dauert 12 Jahre, nach deren Ablauf die Ersatzreservisten,
welche geübt haben, zur Landwehr zweiten Aufgebots, die übrigen zum
Landsturm ersten Aufgebots kommen. Für die Ersatzreserve, welche zur
Heeresergänzung bei Mobilmachungen dient, sind jährlich soviel Mann-
schaften zu überweisen, daß mit sieben Jahresklassen der erste Heeres-
bedarf zur Mobilmachung gedeckt wird.
Die spezielle Militärpflicht besteht in der Verpflichtung, sich zwecks
Aushebung für das stehende Heer oder die Marine zu stellen. Sie