Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

8 107. Die sachlichen Militärlasten. 339 
Befreit sind Gebäude regierender oder standesherrlicher Familien, zum 
öffentlichen, kirchlichen Dienst bestimmte. Die örtliche Verteilung der 
Quartierleistung geschieht nach Gemeinden bezw. Gutsbezirken. Die 
Grundsätze der Verteilung werden im voraus für jeden Kreis durch 
eine Kreiseinquartierungskommission festgestellt, die lokale Verteilung 
erfolgt in den Gemeinden durch den Gemeindevorsteher gemäß Ge- 
meindebeschluß bezw. Ortsstatut. Die Quartierpflicht kann durch Be- 
stellung anderer Quartiere erfüllt werden. Bei Weigerung der Quartier- 
leistungspflicht kann die Beschaffung des Quartiers auf Kosten des 
Pflichtigen erfolgen. Die Quartierleistung kann nur gegen Ent- 
schädigung, welche vom Reichsfiskus zu leisten ist, gefordert werden. 
Die Entschädigung wird nach einem Tarif berechnet, wobei die Ort- 
schaften in vier Servisklassen mit abgestuften Sätzen eingeteilt find. 
it i#, ierfür maßgebend das Gesetz vom 6. Juli 1904 (RGl. 
272). 
  
b) Das Naturalleistungsgesetz vom 13. Februar 1875 (RGl. 
S. 52), geändert durch Gesetz vom 24. Mai 1898 (RBl. S. 360), 
mit Kaiserl. Verordn. vom 13. Juli 1898 (REl. S. 921). 
Als Naturalleistungen im Frieden können durch Vermittelung der 
Gemeinden in Anspruch genommen werden die Stellung von Vorspann, 
Verabreichung von Naturalverpflegung und von Fourage. Zur Stellung 
von Vorspann (Fuhrwerke, Gespanne, Gespannfuhrwerke) sind ver- 
pflichtet alle Besitzer von Zugtieren und Wagen, in erster Linie Fuhr- 
gewerbetreibende, und zwar nur für die auf Märschen, im Biwak oder 
Lager befindlichen oder vorübergehend einquartierten Truppen, und 
nur insoweit als andere leihweise Beschaffung nicht möglich ist. Zur 
Naturalverpflegung sind die Quartiergeber für Truppen auf Märschen, 
in vorübergehenden Quartien außerhalb der Garnison zu ÜUbungs- 
und anderen Zwecken verpflichtet. Zur Verabreichung der Fourage 
sind alle Besitzer von Fouragebeständen verpflichtet. Dieselbe kann 
gefordert werden für die Reitpferde und Zugtiere von Truppen auf 
Märschen oder in vorübergehenden Quartieren mit Verpflegung (§§ 1—5). 
Die Verpflichtung zu den vorbezeichneten Leistungen tritt auf Grund 
der von den zuständigen Zivilbehörden ausgestellten Marschrouten ein, 
wobei die örtliche Verteilung der Leistungen auf die Gemeinden im 
ganzen durch die zuständige Zivilbehörde unter Rücksichtnahme auf 
die Leistungsfähigkeit der Gemeinden erfolgt. Die weitere Unter- 
verteilung geschieht nach ortsstatutarischer Festsetzung oder Gemeinde- 
beschluß durch die Gemeindevorstände (88§ 6, 7). Die Vergütung für 
die Leistungen wird aus Militärfonds nach besonders gesetzlich geregelten 
Normalsätzen gewährt (88 6, 7, 9). Besondere Verpflichtungen werden 
noch für die Besitzer von Schiffen und Fahrzeugen zu Transporten 
für die Kriegsmarine, den Besitzern von Grundstücken (Aufstellung von 
Warnungszeichen) bei Truppenübungen, allen Eisenbahnen zu Be- 
förderung von Truppen, Heer= und Marinematerial auferlegt (§8 10 bis 
15). Zwecks weiterer Bestimmungen ist die Kaiserl. Verordn. vom 
13. Juli 1898 ergangen. 
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