§ 109. D. Familienfürsorge. 341
an die höhere Zivilverwaltungsbehörde ernenntletztere einen Kommissarius,
der die Entschädigungsansprüche in Gegenwart der Entschädigungs-
berechtigten und eines Vertreters der Kommandantur erörtert, und
falls die Parteien sich einigen, einen Rezeß aufnimmt, welcher die
Kraft einer gerichtlichen oder notariellen Urkunde hat. Bei nicht er-
zielter Einigung steht der Rechtsweg dem Besitzer des Grundstücks
offen. Ist nur das Vorhandensein oder die Höhe des Schadens streitig,
so erfolgt die Ermittelung der Entschädigung durch Sachpverständige,
welche ihr Gutachten zu begründen und zu beschwören haben. Die
Abschätzungsverhandlungen gehen demnächst mit einem Gutachten des
Kommissarius an die höhere Verwaltungsbehörde (in Preußen Bezirks-
ausschuß), welche durch Beschluß die Entschädigung festzustellen hat.
Gegen den Beschluß der Verwaltungsbehörde steht binnen 90 Tagen
vom Empfange des Beschlusses ab gerechnet dem Entschädigungs-
berechtigten der Rechtsweg offen. Die Klage ist bei dem Gerichte,
in dessen Bezirk das betreffende Grundstück gelegen ist, gegen den
Reichsfiskus, welcher durch die Kommandantur vertreten wird, zu richten.
Im Falle der Armierung permanenter Befestigungen sind die Besitzer
der innerhalb der Rayons belegenen Grundstücke verpflichtet, auf An-
ordnung der Kommandantur bauliche Anlagen niederzulegen, Material-
vorräte wegzuschaffen, Pflanzungen zu beseitigen, Gewerbebetrieb ein-
zustellen und zwar gegen Entschädigung, bezüglich deren das Verfahren
besonders geregelt ist (88 43 ff. des Rayongesetzes).
Besondere Bestimmungen sind noch für die Reichskriegshäfen
getroffen. Als solche kommen in Betracht der Kieler und der Jade-
hafen (Wilhelmshafen). Denselben wurde durch Kaiserl. Verordn.
vom 15. Februar 1873 die Eigenschaft von Festungen beigelegt. Das
Gesetz vom 19. Juni 1883 (Rol. S. 105) bestimmt die Grenzen
der Reichskriegshäfen und gewährt dem Marinestationschef gewisse
polizeiliche Befugnisse innerhalb des Gebiets.
8 109. D. Familienfürsorge.
Eine besondere Familienfürsorge der in den Dienst des stehenden
Heeres einberufenen Mannschaften ist erfolgt durch das Reichsgesetz,
betreffend die Unterstützung der Familien der in den Dienst eingetretenen
Mannschaften vom 28. Februar 1888 (Röl. S. 59) und durch
das Gesetz, betreffend die Unterstützung der zu Friedensübungen ein-
berufenen Mannschaften vom 10. Mai 1892 (Röl. S. 661).
Nach dem ersteren Gesetz sind unterstützungsberechtigt die Ehefrau,
eheliche Kinder unter 15 Jahren, event. auch ältere Kinder, Aszendenten
und Geschwister von Reserve-, Landwehr-, Ersatzreserve-, Seewehr-
und Landsturm-Mannschaften, sofern solche bei Mobilmachungen oder
notwendigen Heeres= oder Flottenverstärkungen in den Dienst treten.
Voraussetzung ist Bedürftigkeit. Unterstützungspflichtig sind die im
Kriegsleistungsgesetze vom 13. Juni 1873 87 bezeichneten Lieferungs-
verbände (8S 1—4).
Nach dem Gesetze von 1892 sollen die Familien der aus der Reserve,
Land= und Seewehr zu Friedensübungen und der aus der Ersatz-