Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 126. Das Vereinswesen. 381 
sache eingeleitet worden ist (§ 26). Die Beschlagnahme von Druck- 
schriften trifft die Exemplare nur da, wo dergleichen zum Zwecke der 
Verbreitung z. B. in öffentlichen Lokalen, zu denen jedermann Zutritt 
hat, nicht aber soweit sie sich im Privatbesitz befinden oder in 
Lesezimmern geschlossener Gesellschaften ausliegen. Die Beschlag- 
nahme kann sich auf die zur Vervielfältigung dienenden Platten und 
Formen erstrecken (§ 27). Ist der Inhalt der Druckschrift strafbar, 
so muß zugleich auf Unbrauchbarmachung derselben erkannt werden 
(vgl. §§ 41, 42 StEGB., § 480 StPPO. Art. III des Ges. vom 
5. April 1888, RBl. S. 17). 
6. Schlußbestimmungen. 
Das Recht der Landesgesetzgebung, Vorschriften über das öffentliche 
Anschlagen, Anheften, Ausstellen, sowie die öffentliche unentgeltliche 
Verteilung von Bekanntmachungen, Plakaten und Aufrufen zu erlassen, 
wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dasselbe gilt von den Vor- 
schriften der Landesgesetze über Abgabe von Freiexemplaren an öffentliche 
Bibliotheken und öffentliche Sammlungen (8 30). 
Für Preußen sind hiernach folgende Vorschriften des früheren preuß. 
Preßgesetzes vom 12. Mai 1851 (GS. S. 273) aufrecht erhalten 
(Jochow Bd. 2 S. 242 und 26 S. C. 73): 
§ 6: An der bisherigen Verpflichtung des Verlegers, zwei Exemplare 
seiner Verlagsartikel, und zwar eines an die Kgal. Bibliothek in Berlin, 
das andere an die Bibliothek derjenigen Provinz, in welcher er wohnt, 
unentgeltlich einzusenden, wird nichts geändert. (Vgl. hierzu AKO. 
vom 28. Dezember 1824 GS. von 1825 S. 2 und das Zirk R. vom 
25. Februar 1840, VM l. S. 93.) 
§ 9: Anschlagzettel und Plakate, welche einen anderen Inhalt haben, 
als Ankündigungen über gesetzlich nicht verbotene Versammlungen, über 
öffentliche Vergnügungen, über gestohlene, verlorene oder gefundene 
Sachen, über Verkäufe oder andere Nachrichten für den gewerblichen 
Verkehr dürfen nicht angeschlagen, angeheftet oder in sonstiger Weise 
öffentlich ausgestellt werden. 
& 10 des preuß. Preßgesetzes gilt nur noch für die öffentliche, nicht- 
gewerbsmäßige Verteilung, und nur noch für Bekanntmachungen (ogl. 
RG. E. in Strafs. Bd. 35 S. 55; KG. Jahrb. Bd. 13 S. 375, 
Bd. 14 S. 264 und Bd. 26 C. 75). Danach ist die öffentliche un- 
entgeltliche Verteilung von gedruckten Bekanntmachungen, ausgenommen 
Verteilung von Druckschriften (auch Bekanntmachungen) zu Wahlzwecken 
§ 43 Abs. 3, 4 GO., nur erlaubt, nachdem die Ortspolizeibehörde 
ihre Erlaubnis erteilt hat. 
§ 126. Das Vereinswesen.) 
Von der im Art. 4 Nr. 16 der N. vorgesehenen einheitlichen 
Gestaltung des Vereinswesens von Reichswegen ist, soweit das öffent- 
liche Vereinsrecht in Frage kommt, nur in sehr geringem Umfange 
seitens des Reichs Gebrauch gemacht worden. In der Hauptsache gilt 
1) Literatur: Delius, Das preuß. Vereins= und Versammlungsrecht. 3. Aufl. 
Berlin 1905.
	        
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