Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 21. Haftung der Beamten für Verletzung der Amtspflicht. 39 
der Beamte sich einer Überschreitung seiner Amtsbefugnisse oder der 
Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung schuldig gemacht 
hat, sind einerseits durch § 839 nicht berührt, kommen anderseits für 
Reichsbeamte nicht in Frage. 
Die Haftung des Staates, der Gemeinden und anderer Kommunal= 
verbände für den von ihren Beamten in Ausübung der diesen an- 
vertrauten öffentlichen Gewalt zugefügten Schaden bestimmt sich grund- 
sätzlich nach den landesgesetzlichen Vorschriften (EG. z. BGB. Art. 77). 
Nur eine neue reichsrechtliche Vorschrift enthält § 12 der Reichs- 
grundbuchordnung,1) nach dem, wenn ein Grundbuchbeamter vorsätzlich 
oder fahrlässig die ihm obliegende Amtspflicht verletzt, den Beteiligten 
gegenüber die im § 839 BG#B. bestimmte Verantwortlichkeit an Stelle 
des Beamten den Staat oder die Körperschaft trifft, in deren Dienste 
der Beamte steht. Das Recht des Staates oder der Körperschaft von 
dem Beamten Ersatz zu verlangen, bleibt unberührt. Das Nähere 
bezüglich § 12 s. in meinem Handbuch des deutschen Vereinsrechts. 
Berlin 1905 § 7 S. 26ff. « 
Anders gestaltet sich jedoch die Sachlage, wenn der Beamte in Aus- 
übung der ihm anvertrauten privatrechtlichen Verrichtungen einem 
dritten Schaden zufügt. In diesen Fällen kommt § 89 BGB. in 
Verbindung mit § 31 u. § 831 BGB. zur Anwendung. 
Es haftet hiernach der Reichs= wie Landesfiskus, wie jede privat- 
rechtliche juristische Person für den Ersatz des Schadens, welchen ein 
verfassungsmäßig berufener Vertreter desselben durch eine in Aus- 
führung der ihm zukommenden Verrichtungen begangene Handlung oder 
Unterlassung einem dritten zufügt. 
Unerheblich ist es?) für die Haftung aus § 31, ob ein Verschulden 
(z. B. §§ 122, 231 BGB.) des Fiskus oder dessen Vertreters vorliegt; 
nur eine Verpflichtung zum Schadenersatz muß bestehen. 
Die Haftung aus § 31 greift ferner nicht nur dann ein, wenn ein 
4) Neben dieser reichsrechtlichen Vorschrift sind bereits früher erlassene Haftungs- 
bestimmungen unberührt geblieben. Von diesen sind zu nennen: die reichsrechtlichen 
Haftungsbestimmungen, die den Staat als Eisenbahnunternehmer treffen, sei es 
gemäß §§ 453 ff. HGB., sei es nach den Vorschriften des Reichshaftpflichtgesetzes v. 
7. Juni 1871 (REBl. S. 207) (vgl. Art. 32, 42 EEG. z. BGB.) oder der Eisen- 
bahnverkehrsordn. v. 26. Oktober 1899 § 9, ferner die Bestimmungen betreffend 
die beschränkte Haftung des Reichspostfiskus gemäß den §8§ 6 ff. des R. über das 
Postwesen v. 28. Oktober 1871 (REl. S. 347), und den §§ 23 ff. der Telegraph.= 
Ordn. f. das Deutsche Reich v. 15. Juni 1891 (Zentral-Bl. f. d. D. R. S. 163). 
Über die Tragweite der §§ 6 ff. cit und ihr Verhältnis zu § 831 BEV. herrscht 
bekanntlich Streit. Vgl. einerseits OLG. Stuttgart in DJZ. 1903 S. 131 und 
anderseits RNG. Bd. 19 S. 101 (auch die Zollbehörde haftet bezüglich der ihr zur 
zollamtlichen Behandlung übergebenen Poststücke in demselben Umfange, wie die 
Post (aus Gründen der Billigkeit) ogl. RG. Bd. 48 S. 256). Vgl. auch Delius 
in DJZ. 9. Jahrg. (1904) S. 527 u. Schefeld i. Arch. f. zivil. Praxis Bd. 97 
Heft 2 u. 3 S. 468 ff. 
2) Uber die Haftung des Staates und anderer juristischer Personen des öffent- 
lichen Rechts für den von ihren Beamten bei Ausübung der diesen anvertrauten 
öffentlichen Gewalt zugefügten Schaden, val. jetzt insbesondere O. Gierke (Gut- 
achten) in den Verhandl. des 28. deutsch. Juristentages. Bd. 1 (1905) S. 102—144.
	        
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