40 1. BMch. 3. Abschnitt. Die Organe d. Reichs= u. Staatsverwaltung.
widerrechtliches Handeln die Schädigung verursacht, sondern es genügt
ein dritte schädigendes Verhalten.
Der Fiskus haftet nicht allein bei einem rechtsgeschäftlichen Handeln
seines Vertreters, sondern auch dann, wenn der Vertreter in Aus-
führung der ihm obliegenden tatsächlichen Verrichtungen eine un-
erlaubte oder sonst zum Schadensersatz verpflichtende Handlung vor-
nimmt, z. B. bei Beschädigung der durch den Fiskus gemieteten Räume
von Seiten eines Beamten. Dagegen entfällt eine Haftung des Fiskus
bei Handlungen, welche bloß bei Gelegenheit dienstlicher Verrichtungen
unerlaubter Weise geschehen, z. B. wenn ein Beamter, nachdem er
die vom Fiskus gemieteten Diensträume verlassen hat, auf der Treppe
beim Anzünden einer Zigarre durch Wegwerfen des brennenden Streich-
holzes einen Brand stiftet.
Nur dritten gegenüber greift die hier festgestellte Haftung des
Fiskus für seine Beamten ein. Die hier entwickelten Grundsätze sind
nicht anwendbar, wenn es sich um Überschreitung der Amtspflichten
und sonstigen dienstlichen Befugnisse seitens der Vertreter im Innen-
betriebe handelt, also um Schädigung des Fiskus selbst.
Ob jemand als Vertreter oder nur als Werkzeug des Fiskus ge-
handelt hat, ist oft schwierig zu entscheiden.
Festzuhalten ist, daß nach § 31 nicht jeder Angestellte, der in dem
ihm zugewiesenen Geschäftskreise selbständige Entschließungen zu fassen
hat, Willensorgan des Fiskus ist, sondern nur derjenige, durch den als
Träger des Willens der Staat wirkt und handelt.!) Es scheiden
demnach als Vertreter des Staats aus untergeordnete Werkzeuge, z. B.
Postbote bei Ausführung des Postauftrages,?) Stationsvorsteher einer
preuß. Staatsbahn, welcher kein verfassungsmäßig berufener Vertreter
des Eisenbahnfiskus ist (JW. 1903 Beilage S. 117), ebenso Bahn-
wärter 3) oder der Bahnmeister. ) Wohl aber ist derjenige Gemeinde-
beamte, dessen Leitung ein besonderes Bauamt unterstellt ist, zwar
nicht verfassungsmäßiger Vertreter der Gemeinde im allgemeinen
(§§ 89, 31 BGB. u. § 8 preuß. Landgemeindeordn.), wohl aber ein
für gewisse Geschäfte bestellter Vertreter im Sinne von §§ 30, 31
BeB. RG. Urt. vom 24. März 1904 in Gruchots Beitr. Bd. 48 S. 104
IJW. (1904) 232; denn die Eigenschaft des verfassungsmäßigen Ver-
treters kann vermöge der Satzung oder organisatorischer Verwaltungs-
bestimmungen auß er dem Vorstand (dem Zentralorgan, der obersten
Verwaltungsbehörde) auch anderen zukommen, welche nicht zur Leitung
der Korporation und zur generellen Vertretung ihres Vermögens be-
rufen sind, denen aber eine mehr oder weniger umfangreiche Ver-
tretungsmacht auf einem größeren sachlichen oder örtlichen Geschäfts-
gebiet übertragen ist (ogl. RG. Urt. vom 15. Januar 1903 Entsch.
1) Vgl. Seuffert, Archiv 3. F. Bd. 2 S. 435. RG. Bd. 47 S. 241, S. 328.
JW. 1900 S. 807°, 1901 S. 90.
:) R. Bd. 19 S. 101, 106. Dasselbe gilt für den Postmeister des Post-
gebäudes, RG. Bd. 57 S. 98.
*) RG. Bd. 47 S. 828.
4) NG. v. 29. Juni 1903, Entsch. Bd. 55 S. 229.