42 1. Buch. 3. Abschnitt. Die Organe d. Reichs= u. Staatsverwaltung.
Die Verhängung der Strafe zu a) steht innerhalb bestimmter
Schranken jedem Dienstvorgesetzten zuz1) die Strafen zu b) können
nur im Wege eines förmlichen Disziplinarverfahrens auf Grund vor-
gängiger Voruntersuchung und mündlicher Verhandlung ausgesprochen
werden.") Für das Disziplinarverfahren bilden die erste Instanz die
für bestimmte Bezirke eingerichteten 22 Disziplinarkammern. ) Sodann
findet die Berufung an den in Leipzig tagenden Disziplinarhof,
welcher aus Mitgliedern des Reichsgerichts und des Bundesrats
zusammengesetzt ist,") statt.
Bei Einleitung des Disziplinarverfahrens oder im Laufe desselben
kann die vorläufige Dienstenthebung (Suspension) des Beamten
mit einstweiliger Einbehaltung des halben Gehaltes verfügt werden.
Im Falle einer Freisprechung wird der einbehaltene Teil des Ge-
haltes wieder herausbezahlt (NRBG. 88 128, 130).
A. Kraft Gesetzes tritt die Suspension ein (RBG. 8§ 125):
a) wenn im gerichtlichen Strafverfahren die Verhaftung des
Beamten beschlossen oder gegen ihn ein noch nicht rechtskräftig ge-
wordenes Urteil erlassen ist, welches den Verlust des Amtes nach sich
zieht, z. B. die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte (St G.
88 33, 34), Zuchthausstrafe (St G. § 31), Gefängnisstrafe im Falle
des § 35 Ste#B.;
b) wenn im Disziplinarverfahren eine noch nicht rechtskräftige
Entscheidung ergangen ist, welche auf Dienstentlassung lautet.
B. Durch die oberste Reichsbehörde (RBG. #§ 12) kann die
Suspension verfügt werden
a) bei Einleitung eines gerichtlichen Straf= oder förmlichen Disziplinar-
verfahrens gegen den Beamten;
b) im Laufe des einen oder anderen Verfahrens bis zur rechts-
kräftigen Entscheidung der Sachen.
Bei Gefahr im Verzuge ist auch ein anderer Vorgesetzter zur Sus-
pension vom Amte befugt, jedoch hat er hiervon an die oberste Reichs-
behörde zu berichten, auch ist in diesem Falle eine Kürzung des Dienst-
einkommens ausgeschlossen (RBG. § 131).
Die Suspension dauert bis zum Eintritte der Rechtskraft des Straf-
urteiles oder des Disziplinarentscheides bezw. bis zum 11. Tage nach
Wiederaufhebung des Verhaftungsbeschlusses oder des Eintrittes der
Rechtskraft des oberinstanzlichen Urteiles, wenn dasselbe auf eine
andere Strafe, als diejenige, welche den Verlust des Amtes kraft Ge-
setzes nach sich zieht (sub. 3 Aa), lautet; erkennt dasselbe auf Freiheits-
strafe, bis zu seiner Vollstreckung (RBG. § 126).
1) RBG. 88 80—83. .
«)RBG.84,85,94.—109(Ossent1ichkeit).
«)RBG.'86—90,92u.93.FürMilitärbeamtesindbesondereDiöziplinars
kommissionen gebildet. RBG. §§ 121—123. — Der Rechnungshof des Reichs,
das Reichsgericht und das Bundesamt für Heimatwesen bilden selbst die Disziplinar-=
behörde für ihre Mitglieder. —
«)RBG.§§110—117,86,87,91u.Ges.v.1s.Juni1879(RGBl.157)
§ 1, Gesch.-Ordn. 18. April 1880. § 23.