§ 26. Die Reformbestrebungen im Deutschen Bunde. 49
Dem Reichsverweser übertrug der Bundestag am 12. Juli 1848
seine verfassungsmäßigen Rechte und Pflichten.
Die Nationalversammlung beschloß am 27. März 1849 eine „Ver-
fassung des Deutschen Reichs“. Nach dieser sollte Deutschland
einen Bundesstaat mit einem erblichen Kaiser der Deutschen, verant-
wortlichen Reichsministern und einem Reichstage bilden. Der letztere
sollte aus einem Staatenhause, dessen Mitglieder zur Hälfte von den
Regierungen, zur Hälfte von den Einzellandtagen gewählt werden,
und einem Volkshause bestehen, dessen Mitglieder aus direkten und
geheimen Wahlen hervorgehen sollten. Am 12. April 1849 wurde
ein Reichswahlgesetz erlassen. Schon vorher hatte die National=
versammlung die „Allgemeine deutsche Wechselordnung“ und
die später der Verfassung einverleibten „Grundrechte des deutschen
Volkes“ beschlossen und durch den Reichsverweser im Reichsgesetzblatt
am 27. Dezember 1848 verkünden lassen. Die Verfassung selbst erhielt
nicht die Genehmigung des Reichsverwesers und wurde ohne dessen
Unterschrift durch das Präsidium der Nationalversammlung am 28. April
1849 im Reichsgesetzblatte verkündet.
Am 28. März 1849 wählte die Nationalversammlung den
König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen zum deutschen
Kaiser. Dieser wollte die Wahl nur im Einverständnisse mit den
Landesregierungen annehmen. Da die Nationalversammlung hierauf
nicht eingehen wollte, lehnte er die Kaiserkrone ab.
Viele Abgeordnete schieden nunmehr teils freiwillig teils infolge
Abberufung durch ihre Regierung aus der Nationalversammlung aus.
Die wenigen, übrig gebliebenen Abgeordneten siedelten als sog. Rumpf-
parlament nach Stuttgart über. Dort wird das Parlament am 18. Juni
1849 aufgelöst.
Luch die Einigungsversuche in der Folgezeit sind im wesentlichen
ebenso ergebnislos verlaufen. Als solche Versuche sind zu nennen:
Das Dreikönigsbündnis zwischen Preußen, Sachsen, Hannover, wobei
jedoch sehr bald die beiden letztgedachten Staaten wieder ausscheiden,
während eine Reihe anderer Kleinstaaten eintreten. Einen weiteren
Versuch Preußens bildet die Erfurter Unionsverfassung. Preußen mit
einer Anzahl kleinerer Staaten bildet im Bunde eine engere Union.
Preußen ist Reichsvorstand. Zum Zwecke der Gesetzgebung besteht ein
Fürstenkolleg mit absolutem Veto und ein aus Staatenhaus und Volks-
haus bestehender Reichstag. Um Preußens Einheitsbestrebungen zu
durchkreuzen, schuf Osterreich ein Vierkönigsbündnis (Bayern, Württem-
berg, Hannover, Sachsen).
Nach einem Interim, das eine österreich-preußische Bundeszentral-
kommission eingeführt hat, fordert Osterreich am 26. April 1850 die
Einzelstaaten zur Beschickung der Bundesversammlung auf. Preußen
gibt nach anfänglichem Widerstande in der Olmützer Konvention
vom 29. November 1850 (abgeschlossen zwischen dem österreichischen
Minister v. Schwarzenberg und dem preußischen Ministerpräsidenten
v. Manteuffel) nach und tritt in den Bundestag wieder ein.
Altmann, Handbuch der Verfassung I. 4