§ 27. Die Gründung des Norddeutschen Bundes. 51
Feldmarschalls v. Wrangel in Schleswig ein. Holstein bleibt von den
Bundestruppen besetzt. Nach dem glänzenden Sturm der Preußen
unter Prinz Friedrich Karl auf Düppel kommt es zu einem Waffen-
stillstand, und während dessen finden die Friedenskonferenzen zu London
statt. Preußen und Osterreich sagen sich von dem Londoner Protokoll
los. Da man sich weder über eine Personalunion der Herzogtümer
mit der Krone Dänemark, noch über eine Teilung Schleswigs nach den
Nationalitäten einigen kann, so beginnt der Krieg von neuem. Die
preußischen Truppen unter Prinz Friedrich Karl, der den Oberbefehl er-
halten hat, bewerkstelligen den Ubergang nach der Insel Alsen, schlagen
die Dänen auf allen Punkten und treiben sie nach Fühnen hinüber. Da
auch die preußisch-österreichischen Operationen zur See gegen die Dänen
von Erfolg gekrönt waren, so sieht sich der König Christian IX. von Däne-
mark zu direkten Friedensanerbietungen veranlaßt. Nach anfänglichem
Waffenstillstand (18. Juli 1864) kommt es demnächst zum Frieden zu
Wien (30. Oktober). Der König von Dänemark entsagt allen seinen
Rechten auf die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg
zugunsten des Kaisers von Osterreich und des Königs von Preußen.
Auf Antrag der beiden Großmächte wird das vom Bundestage wegen
Holsteins beschlossene Einschreiten für beendet erklärt, die Bundestruppen
(Hannoveraner und Sachsen) räumen das Land. Von Preußen
und Hlterreih wird für die Herzogtümer eine gemeinschaftliche Regierung
eingesetzt.
Während am Bundestage in diplomatischen Verhandlungen und in
der Presse die Erbfolgefrage eifrig besprochen und in beiden Herzog-
tümern die Erwählung des Prinzen Friedrich betrieben wird, geraten
der österreichische und der preußische Regierungskommissar in Mißhellig-
keiten. Deshalb wird unter Vertagung der endgültigen Entscheidung
über die Herzogtümer Schleswig und Holstein zwischen Preußen und
Osterreich der Vertrag zu Gastein (14. August 1865) geschlossen.
Die Hauptbestimmungen desselben sind:
1. Beide Mächte behalten sich die gemeinschaftliche Oberhoheit über
beide Herzogtümer vor, Osterreich übernimmt vorläufig die Verwaltung
Holsteins, Preußen die Schleswigs.
2. Rendsburg soll Bundesfestung, Kiel Bundeshafen werden, die
Benutzung dieses Hafens bleibt gemeinschaftlich, doch erhält Preußen
dort den Oberbefehl, auch wird ihm eine Militärstraße, eine Telegraphen=
und Postlinie durch Holstein zugesichert.
3. Der Kaiser von Osterreich überläßt dem Könige von Preußen
das Herzogtum Lauenburg für 2⅛ Millionen dänischer Taler.
Zur Ausführung dieses Vertrages besetzt Preußen das Herzogtum
Schleswig (Gouverneur v. Manteuffel) und Osterreich das Herzogtum
Holstein (Gouverneur v. Gablenz). Das Herzogtum Lauenburg tritt
nach erlangter Einwilligung der Stände in das Verhältnis der Personal-
union zur Krone Preußen.
Im übrigen Deutschland herrschte tiefe Mißstimmung über diesen
Vertrag. Bald treten auch zwischen den beiden Großmächten neue
Zerwürfnisse ein. Osterreich, entschlossen, eine wesentliche Machtver-
47