68 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
) Landwehrmännern 2. Aufgebots im Falle besonderer Anordnung
bei Krieg und Kriegesgefahr (Ges. vom 11. Februar 1888 §F 4 Z. 3)2);
2. durch Aberkennung infolge Ausspruchs der Zentralbehörde des
Heimatsstaates (88 13, 20, 22):
a) wenn ein Deutscher sich im Auslande aufhält und bei Krieg oder
Kriegesgefahr der ausdrücklichen Aufforderung zur Rückkehr nicht
Folge leistet;
b) wenn ein Deutscher ohne Erlaubnis seiner Regierung in fremde
Staatsdienste tritt und der ausdrücklichen Aufforderung zum Austritte
nicht nachkommt;)
3. durch Verjährung infolge zehnjährigen Aufenthalts im Aus-
lande (§§ 13, 21) mit der Wirkung auf die Ehefrau und die minder-
jährigen Kinder des Abwesenden.
Diese Frist beginnt mit dem Austritte aus dem Reiche bezw. dem
Ablaufe des Reisepasses oder Heimatsscheins ), endigt bei Deutschen,
die im Auslande geboren sind, mit Ablauf des 10. Lebensjahres und
wird unterbrochen durch Eintragung in die Matrikel eines Bundes-
konsulats oder durch Rückverlegung des Wohnsitzes in das Bundesgebiet.
Gegen derartige Verjährung wird Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gewährt, vorausgesetzt, daß nicht inzwischen eine andere Staats-
angehorigkeit erworben wurde. Bei Rückkehr in das Deutsche Reich ist
der Bundesstaat der Niederlassung auf Nachsuchen zur Aufnahme ver-
pflichtet, auch kann solche im früheren Heimatsstaate gewährt werden,
selbst ohne Niederlassung daselbst.
Anderseits kann die 10 jährige Frist sogar abgekürzt werden unter
folgenden Voraussetzungen:
a) eines Staatsvertrages"), sogen. Bankroftvertrages,
b) eines fünfjährigen ununterbrochenen Aufenthaltes im Auslande,
) der Erwerbung der dortigen Staatsangehörigkeit.
4. durch Legitimation, wenn der Vater einem anderen Staate
angehört, als die Mutter;
1) Wegen Ubertretung dieser Vorschriften s. RSt G. 88 140, 360 Z. 3.
3) Einen besonderen Fall des Verlustes der Reichsangehörigkeit enthielt das durch
Ges. v. 6. Mai 1890 wieder aufgehobene Expatriierungsgesetz (Gesetz, betreffend die
Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern, vom 4. Mai 1874
(RE#Bl. S. 43) §§ 12 4). Nach diesem Geset konnte ein durch Urteil aus dem
Amte entlassener Geistlicher oder anderer Religionsdiener, der sein Amt sich anmaßt
oder es tatsächlich ausübt, seiner Staatsangehörigkeit für verlustig erklärt und aus
dem Bundesgebiete ausgewiesen werden. Ein erneuter Erwerb der Staatsangehörig-
keit war nur mit Genehmigung des Bundesrats zugelassen.
2) Heimatsschein ist eine auf 5 Jahre ausgestellte Urkunde über die Staats-
angehörigkeit zum Unterschied von Heimatsschein im gewöhnlichen Sinne, welcher
die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gemeinde nachweist.
4) Genannt nach George Bankroft, der von 1867—1874 nordamerikanischer
Gesandter in Berlin war. Auf seine Veranlassung wurde der nach ihm benannte
Bankroft-Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde und den Vereinigten Staaten
Amerikas am 22. Februar 1868 (BEBl. S. 228) abgeschlossen, welcher in Artikel I
bestimmt, daß Norddeutsche ihre Bundesangehörigkeit verlieren, wenn sie fünf Jahre
ununterbrochen in den Vereinigten Staaten Amerikas gewesen sind und deren
Bürgerrecht erlangt haben. Ahnlich § 21 Absatz 3 des Ges. vom 1. Juni 1870.