Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

74 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches. 
auf den Erwerb gerichtete obligatorische Rechtsgeschäft kann von staat- 
licher Genehmigung abhängig gemacht werden. Ist das auf den 
Erwerb gerichtete obligatorische Rechtsgeschäft gültig, so wird dessen 
Erfüllung durch die Verweigerung der staatlichen Genehmigung unmöglich. 
Vgl. Plank, BGB. nebst EEG. Anm. zu Art. 88 EG. Bd. 6 (1. und 
2. Aufl.) S. 175. Die Folgen dieser Unmöglichkeit ergeben sich au 
den 88 275 ff., 323 ff. des BGB. 
Die nach der Landesgesetzgebung vorgesehene Genehmigung ist zu 
erteilen z. B. in Preußen vom Landesherrn oder der landesherrlich 
bestimmten Behörde (Art. 7, § 21 des pr. AG. BGB.), in Bayern für 
auswärtige jur. Personen vom Landesherrn (Art. 10 bayr. AGBGB.), 
in Hessen, insoweit nicht Gegenseitigkeit verbürgt, vom Justizminister 
(Art. 15, AGBGB), in Sachsen-Altenburg (§ 11, AGBG.) 
und Waldeck (Art. 6 § 2 AGBGB.) wie in Preußen, in Hamburg 
vom Senat (§ 28 AGBG.). 
Fünftes Kapitel. 
Die Armengesetzgebung des Deutschen NReichs.) 
§ 40. Geltungsbereich der Armengesetzgebung. 
Unter den Staaten des früheren Deutschen Bundes war in dem 
Gothaer Vertrage vom 15. Juli 1851 (Preußen, Bayern, Sachsen 
und kleineren Bundesstaaten) der Grundsatz vereinbart, daß jeder 
Staat seine ursprünglichen Angehörigen, auch wenn sie die Angehörig- 
keit nach inländischem Rechte nicht mehr besitzen, auf Antrag des 
anderen wieder in Armenfürsorge zu übernehmen habe, solange sie noch 
nicht diesem anderen Staate nach dessen eigenem Landesrecht angehörig 
geworden seien, ein Grundsatz, welcher gegenwärtig noch im Verhält- 
nis zu Osterreich und Bayern maßgebend ist. Ergänzt wurde die 
Konvention durch die Eisenacher Übereinkunft vom 11. Juli 1853, welcher 
Osterreich beitrat. Sie verpflichtet in der Hauptsache die beteiligten Re- 
gierungen, ohne Anspruch auf Ersatz an die öffentlichen Kassen des Heimats- 
staates, dessen erkrankten Angehörigen Kur und Verpflegung bis dahin zu 
gewähren, wo ihre Rückkehr in den zur Ubernahme verpflichteten Staat 
ohne Nachteil für ihre oder anderer Gesundheit geschehen kann. 
Für das Gebiet des Norddeutschen Bundes war auch für den Erwerb 
des Unterstützungswohnsitzes der Grundsatz des § 11 Abs. 2 des Frei- 
zügigkeitsges. von Wichtigkeit, daß jeder Bundesangehörige an dem 
Orte des Bundesgebiets, an welchem er sich niederließ, das Heimats- 
recht oder den Unterstützungswohnsitz erwerben durfte, sofern dieser 
Erwerb durch Niederlassung oder durch bestimmte Zeit hindurch fort- 
gesetzten Aufenthalt bedingt war. Ferner beließ es 8§ 7 Freizügigkeitsges. 
für das Verfahren der nach § 5 ebenda zu vollziehenden Ausweisungen, 
wenn mehrere Bundesstaaten in Betracht kamen, bei der Gothaer 
Konvention und bestimmte gleichzeitig, daß ein Anspruch auf Ersatz der 
bis zur übernahme eines Hilfsbedürftigen entstehenden Kosten unbeschadet 
1) Vgl. v. Brauchitsch, Die neuen preuß. Verwaltungsges. Bd. 3 (16. Aufl.) S. 600 ff.
	        
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