76 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
Wiederaufnahme seiner Staatsangehörigen innerhalb einer Abwesen-
heitsfrist von 10 Jahren verpflichtet. — Über die Maßregeln, betr.
die Zulassung fremdländischer Auswanderer zum preußischen Staats-
gebiete s. ZBV. vom 8. Oktober 1893 (MBl. S. 247) und über die
Verpflichtung des Norddeutschen Lloyd und Hamburg-Amerikanischen
Paketfahrt-Aktien-Ges. aus Anlaß der Zurückweisung mittelloser und
erwerbsunfähiger Einwanderer seitens der amerikanischen Einwanderungs-
behörde s. ZV. vom 3. April 1895 (M Bl. S. 124). Über den Durch-
transport Ausgewiesener durch die deutschen Staaten s. Nr. 4 des
Bundesratsbeschlusses vom 9. Juli 1894 (MBl. S. 147), ZV. vom
12. Januar und MV. vom 11. November 1895 (MBl. S. 23 und
S. 847), MV. vom 31. Januar 1898 (MBl. S. 19), MV. vom
20. Febr. 1900 (MBl. S. 137).
8 41. Hilfsbedürftigkeit.
Über die Voraussetzungen und das Vorhandensein derselben haben
die Organe der öffentlichen Armenpflege zu entscheiden.
Arm = hilfsbedürftig ist eine Person, welche weder hinreichende
Kräfte besitzt, um sich und ihren nicht arbeitsfähigen Angehörigen den
notwendigen Lebensunterhalt zu verschaffen, noch diesen Unterhalt aus
eigenem Vermögen bestreiten kann oder von einem dazu verpflichteten
Verwandten erhält (Freizügigkeitsgesetz vom 8. 11. 67.8 4). Die Hilfs-
bedürftigkeit wird durch den Besitz von Vermögensstücken nicht aus-
geschlossen, wenn dieselben nicht zur Stelle sind oder augenblicklich nicht
verwertet werden können. Sie ist entweder eine unmittelbare oder
mittelbare, je nachdem sie in der Person des Hilfsbedürftigen hervor-
tritt oder durch die Hilfsbedürftigkeit der Angehörigen eines Familien=
hauptes begründet wird, welches deshalb selbst als hilfsbedürftig gilt,
indem ihm mittelbar die Unterstützungen zuteil werden, welche seine
hilfsbedürftigen Angebörigen empfangen. Als Angehörige kommen
hierbei alle diejenigen Personen in Betracht, welche in Beziehung auf
den Erwerb des Unterstützungswohnsitzes nicht selbständig sind, sondern
den Unterstützungswohnsitz des Familienhauptes teilen.
Jeder Deutsche muß vorläufig von demjenigen Ortsarmenverband
unterstützt werden, in dessen Bezirk er sich bei dem Eintritt der Hilfs-
bedürftigkeit befindet. Ebenso wenn ein anderer Armenverband der
definitiv Verpflichtete ist (§ 28 des Unterstützungswohnsitzges.). Die
endgültige Fürsorgepflicht steht hier im Gegensatze zu der in
RG. 8 28 erwähnten vorläufigen Fürsorgepflicht. Die Behauptung
und der Nachweis, daß ein fürsorgepflichtiger Ortsarmenverband nicht
vorhanden sei, gehört zur Substantiierung der gegen den Landarmen-
verband gerichteten Klage. B. E. III, 67, V. 81. Die Unterstützungs-
pflicht entsteht mit dem Zeitpunkte, in welchem die Hilfsbedürftigkeit
in einer für die Behörden des Ortsarmenverbandes erkennbaren Weise
hervorgetreten ist (Wohlers, Entsch. des Bundesamtes f. Heimatwesen
Bd. 2 S. 67, Bd. 21 S. 60). Einen Anspruch auf Unterstützung
kann der Arme gegen einen Armenverband niemals im Rechtswege,