80 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
über die Verwaltung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten solcher
Verbände sind alsdann auch für die Verwaltung der gemeinsamen
Armenpflege maßgebend.
Die öffentliche Unterstützung hilfsbedürftiger Deutscher, welche end-
gültig zu tragen kein Ortsarmenverband verpflichtet ist (der Landarmen),
liegt den Landarmenverbänden ob. (§ 5 d. UW.)
Landarme nennt man diejenigen Hilfsbedürftigen, welche keinen
Unterstützungswohnsitz haben, und die daher auf Kosten eines Land-
armenverbandes verpflegt werden müssen. Hierzu verpflichtet ist in
der Regel derjenige Landarmenverband, in dessen Bezirke die Hilfsbe-
dürftigkeit hervorgetreten ist. Eine Ausnahme greift Platz, wenn ein
Inländer, welcher keinen Unterstützungswohnsitz hat, auf Verlangen
ausländischer Staatsbehörden aus dem Auslande übernommen werden
muß und entweder schon bei der Übernahme hilfsbedürftig ist oder inner-
halb sieben Tagen nach der Übernahme hilfsbedürftig wird. In diesem
Falle liegt die endgültige Fürsorgepflicht d. h. die Verpflichtung zur
Erstattung der Kosten der gewährten Unterstützung bezw. zur Über-
nahme des Hilfsbedürstigen demjenigen Landarmenverbande ob, inner-
halb dessen der Hilfsbedürftige seinen letzten Unterstützungswohnsitz
gehabt hat. Läßt sich dieser Unterstützungswohnsitz nicht ermitteln, so
bewendet es bei der oben erwähnten Regel. Ges. vom 8. 3. 71. 8 37.)
3. Armenpolizei. Wenn auch die Verwaltung der öffentlichen
Armenpflege zunächst zu den Gemeindeangelegenheiten gehört, so sind
doch die Polizeibehörden von Amts wegen ebenso befugt wie verpflichtet,
in dringenden Fällen im Interesse der Hülfsbedürftigen und der
öffentlichen Ordnung gegen die zur Fürsorge verpflichteten Armenver-
bände einzuschreiten, wenn durch eine Verzögerung der Hilfeleistung
die persönliche und allgemeine Wohlfahrt gefährdet erscheint. Abgesehen
von Fällen dieser Art hat sich die Polizei in die Ausübung der örtlichen
Armenpflege nicht einzumischen. (MRK. vom 7. September 1840,
M lS. 453.) Die im vorstehenden näher charakterisierte Pflicht und
Befugnis der Polizei folgt aus der allgemeinen Vorschrift des § 10
preuß. ALR. II, 17. Aus letzterer wird auch die weitere Aufgabe der
Polizei hergeleitet, gegen verschuldete Arme d. h. solche, welche sich
selbst helfen und arbeiten können, aber nicht wollen (Arbeitsscheue,
Bettler, Landstreicher 2c.), sowie gegen diejenigen, welche sich der Ver-
pflichtung zur Ernährung ihrer Familienangehörigen entziehen, nach
Maßgabe der in dem Strafgesetzbuch (§ 361 Nr. 3—8 und 10) ent-
haltenen Bestimmungen vorzugehen und damit vorbeugend für die
öffentliche Armenlast zu wirken. .
4. Armendeputation. (Ges. vom 8. 3.71 §8 3—6.) Auf Grund
eines Gemeindebeschlusses können in allen Gemeinden für die Ver-
waltung der öffentlichen Armenpflege besondere dem Gemeindevorstande
untergeordnete Deputationen aus Mitgliedern des Gemeindevorstandes
und der Gemeindevertretung, geeignetenfalls unter Zuziehung anderer
Ortseinwohner gebildet werden. Ortspfarrer oder deren Stellvertreter,
deren Pfarrbezirk über die Grenzen der politischen Gemeinde ihres
Wohnorts sich erstreckt, sind hinsichtlich des in der auswärtigen Gemeinde