§ 44. Bedeutung des Unterstützungswohnsitzes. 81
belegenen Kirchspielteiles den dortigen Einwohnern gleich zu achten.
Jedes stimmberechtigte Gemeindemitglied ist verpflichtet, eine unbesoldete
Stelle in der Gemeindeverwaltung auf drei Jahre oder die sonst in den
Gemeindeverfassungsgesetzen vorgeschriebene längere Zeit zu übernehmen.
Von dieser Verpflichtung befreien nur anhaltende Krankheit, Geschäfte,
die eine häufige oder lange Abwesenheit erfordern, ein Alter von 60
oder mehr Jahren, die Verwaltung eines andern öffentlichen Amtes,
sonstige besondere eine gültige Entschuldigung begründende Verhältnisse.
Wer eine solche Stelle die gesetzlich vorgeschriebene Zeit hindurch
wahrgenommen hat, kann für die nächstfolgende gleich lange Zeit eine
Wiederwahl ablehnen. Wer ohne gesetzlichen Grund die Übernahme
oder fernere Wahrnehmung einer unbesoldeten Stelle in der Gemeinde-
armenverwaltung verweigert oder sich dieser Wahrnehmung entzieht,
kann auf drei bis sechs Jahre des Rechts zur Teilnahme an den
Gemeindewahlen und zur Wahrnehmung unbesoldeter Stellen verlustig
erklärt und um ein Achtel bis ein Viertel stärker zu den direkten
Gemeindeabgaben herangezogen werden. Die Beschlußfassung steht
der Gemeindevertretung und, wo in Landgemeinden eine solche nicht
besteht, dem Gemeindevorstande zu. Gegen den Beschluß, der einer
Bestätigung durch die Aufsichtsbehörde nicht bedarf, findet die Klage
im Verwaltungsstreitverfahren statt. Frist 2 Wochen (ZG. 88 27
Nr. 3, 28, 37.))
s§ 44. Bedentung des Unterstützungswohnsitzes.
Unterstützungswohnsitz bezeichnet denjenigen Ortsarmenverband,
welchem die endgültige Fürsorgepflicht für einen Hilfsbedürftigen obliegt.
Hat ein Hilfsbedürftiger einen Unterstützungswohnsitz, so kann ihm
auch bei dauernder Hilfsbedürftigkeit der Aufenthalt in dem Bezirke
des betreffenden Ortsarmenverbandes nicht versagt werden. Erworben
(5 9 UG.) wird der Unterstützungswohnsitz durch a) Aufenthalt,
b) Verehelichung, c) Abstammung.
a) Wer innerhalb eines Ortsarmenverbandes nach zurückgelegtem
18. Lebensjahre zwei Jahre lang ununterbrochen (tatsächlich, gleichgültig,
ob befugt oder unbefugt u. dgl.) seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt
hat, erwirbt dadurch in demselben den Unterstützungswohnsitz (§ 10 in der
Fassung der Nov. vom 12. März 1894). Die Novelle vom 12. März 1894
enthält keine Vorschriften darüber, ob der Herabsetzung der Altersgrenze
1) Ein besonders bekanntes, städtischerseits organisiertes System bildet das
sogen. Elberfelder System, welches zuerst in der Stadt Elberfeld angewandt
wurde. Danach wird die Stadt zum Zwecke der Armenpflege in Bezirke geteilt,
an deren Spitze Vorsteher sich befinden, die der Armendeputation unterstellt sind.
Die Vorsteher werden von den Stadtverordneten gewählt. Jeder Bezirk zerfällt in
Quartiere, in denen je einem Armenpfleger die Fürsorge für 2—4 Familien über-
tragen ist. Alle Gesuche gehen an diesen, sind von ihm zu erledigen. Kleinere
Beträge können von ihm sofort bewilligt werden, bei größeren Beträgen
steht die Entscheidung der Bezirksversammlung zu, die aus allen Pflegern besteht.
Dieses System geht von der Individualisierung aus, indem die Unterstützung nach
Maß und Art dem Einzelfalle genau angepaßt wird.
Altmann, Handbuch der Verfaffung 1. 6