Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

82 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches. 
vom 24. auf das 18. Lebensjahr rückwirkende Kraft beizulegen sei. Das 
Bundesamt für Heimatwesen bringt für die vor dem 1. April 1894 
gewährten Unterstützungen und für die vor dem 1. April begonnenen 
und darüber hinaus fortgesetzten Unterstützungsfälle das alte Recht zur 
Anwendung; dagegen kommen bei den nach dem 1. April 1904 ein- 
getretenen Unterstützungsfällen auch vor diesem Tage Aufenthalt oder 
Abwesenheit vom vollendeten 18. Lebensjahr in Betracht, sofern sie 
an diesem Tage bestanden haben (vgl. Wohlers, Entsch. Bd. 30 S. 1, 
Bd. 28 S. 14, Bd. 29 S. 21, 30). Die zweijährige Frist ist eine 
absolute, d. h. sie kann durch Vertrag oder Verzicht nicht abgeändert 
werden, und läuft von dem Tage, an welchem der Aufenthalt be- 
gonnen ist. Durch den Eintritt in eine Kranken-, Bewahr= oder Heil- 
anstalt als Pflegling wird jedoch der Aufenthalt nicht begonnen. Wo 
für ländliches oder städtisches Gesinde, Arbeitsleute, Wirtschaftsbeamte, 
Pächter oder Mieter der Wechsel des Wohnorts zu bestimmten, durch 
Gesetz oder Herkommen festgesetzten Terminen stattfindet, gilt der üb- 
liche Umzugstermin als Anfang des Aufenthalts, sofern nicht zwischen 
diesem Termine und dem tatsächlichen Beginne des Aufenthalts ein 
mehr als siebentägiger Zeitraum gelegen hat. Wird der Aufenthalt 
unter Umständen begonnen, durch welche die Annahme der freien Selbst- 
bestimmung bei der Wahl des Aufenthaltsorts ausgeschlossen wird 
(Absolvierung der Militärdienstpflicht, äußerer Zwang, Geisteskrankheit), 
so beginnt der Lauf der zweijährigen Frist erst mit dem Tage, an 
welchem diese Umstände aufgehört haben. Treten solche Umstände erst 
nach Beginn des Aufenthalts ein, so ruht während ihrer Dauer der 
Lauf der zweijährigen Frist. Ebenso tritt ein Ruhen der Frist ein 
während der Dauer der von einem Armenverbande gewährten öffent- 
lichen Unterstützung. Für welchen Zeitraum eine Unterstützung als 
gewährt anzunehmen sei, ist eine tatsächliche Frage, deren Beurteilung 
unter Umständen besonderen Schwierigkeiten begegnet. Hört das 
Hindernis auf, welches den Lauf der Frist hemmte, so läuft die vorher 
begonnene Frist weiter. Die zweijährige Frist für den Erwerb des 
Unterstützungswohnsitzes verlängert sich also um denjenigen Zeitraum, 
während dessen der Lauf der Frist geruht hat. Wird die Frist unter- 
brochen, so muß sie von neuem begonnen werden, so daß die bisherige 
Aufenthaltszeit für den Lauf der Frist außer Betracht bleibt. Eine 
Unterbrechung tritt ein, wenn der Aufenthalt aufhört oder unterbrochen 
wird. In dieser Beziehung ist aber eine zeitweilige Entfernung ohne 
Belang, wenn aus den Unmständen, unter welchen sie erfolgt, die Ab- 
sicht erhellt, den Aufenthalt beizubehalten. Abgesehen hiervon wird 
die Frist unterbrochen durch den Antrag eines Armenverbandes auf 
Anerkennung der Verpflichtung zur Übernahme eines Hilfsbedürftigen, 
und zwar mit dem Tage, an welchem der also gestellte Antrag an den 
betreffenden Armenverband oder an die vorgesetzte Behörde eines der 
beteiligten Armenverbände abgesandt ist. Die Wirkung der Unter- 
brechung tritt jedoch nicht ein, wenn dieser Antrag nicht binnen zwei 
Monaten durch Anstellung der Klage auf Übernahme weiter verfolgt 
wird, oder wenn demnächst die angestellte Klage abgewiesen wird.
	        
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