§ 25. Die Grundlagen der Organisation. 8 86. Provinzialbehörden. 95
Daneben besteht noch die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Entscheidun
im Verwaltungsstreitverfahren), welche durch die Kreis- (Stadt
ausschüsse und die Bezirksausschüsse als Verwaltungsgerichte, sowie
durch das in Berlin für den ganzen Umfang der Monarchie bestehende
Oberverwaltungsgericht ausgeübt wird.
Die Abgrenzung der Befugnisse zwischen den Behörden der aktiven
Verwaltung und der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist durch das Gesetz
Über die Zuständigkeit der Verwaltungs= und Verwaltungsgerichts-
behörden (ZG.) vom 1. August 1883 (GS. S. 237) erfoldt.
Für die staatsbehördliche Organisation des Kreisausschusses sind die
Kreisordnungen von 1872—1888, des Provinzialrats die Provinzial-=
ordnungen von 1875—1888 maßgebend.
8§ 26. Provinzialbehörden.
I. Der Oberpräsident.
An der Spitze der staatlichen Verwaltung der Provinz (§§ 2, 3 der
V. vom 30. April 1815) steht der Oberpräsident mit dem Titel
Exzellenz. Er entscheidet selbständig, zur Unterstützung sind ihm
beigegeben ein Oberpräsidialrat (mit dem Range der Räte 3. Klasse),)
der in der Regel die Stellvertretung führt,") und die erforderliche
Zahl von Räten und Hilfsarbeitern. Das Oberpräsidium ist eine in der
Regel endgültig entscheidende Behörde mit bureaumäßiger Formation.
Die Stellung des Oberpräsidenten ist dreifach:
a) er vertritt die obersten Staatsbehörden (Minister) in besonderem
Auftrage oder bei außerordentlichem Anlaß (z. B. Kriegsausbruch,
Überschwemmungen, Seuchen 2c.). (Instr. f. d. Oberpräsidenten vom
31. Dezember 1825),
Pb) er verwaltet selbständig und unmittelbar alle Angelegenheiten,
welche über den Bereich eines einzelnen Regierungsbezirks hinaus und
ber die ganze Provinz sich erstecken, Anlagen und Anstalten der
Prroinz die ständischen und Provinziallandtagssachen, die Militärsachen,
us circa sacra,
) er hat die Aufsicht über alle Behörden, Selbstverwaltungskörper
und gemeinnützigen Anstalten der Provinz,
d) er hat die in der Regel im Verwaltungswege endgültige Ent-
scheidung über Beschwerden gegen Verfügung der Regierungspräsidenten
in Kommunalaufsichts= und Polizeisachen zum Teil unter Mitwirkung
des Provinzialrats (KO. § 177, LVG. 8 127ff.),
O) er hat über die Erteilung von Apothekerkonzessionen zu entscheiden,
er hat die Genehmigung zur Abhaltung von Kollekten, Errichtung (Ab-
1) Erl. vom 13. April 1888 (GS. S. 76).
2) Ausgeschlossen ist die Stellvertretung in den Fällen, in welchen die Ver-
tretung des Oberpräsidenten durch besondere Vorschriften geordnet ist. Das ist
geschehen hinsichtlich des Vorsitzes im Provinzialschulkollegium (KO. vom 28. Nov.
1881 und MK. vom 19. Januar 1882, MBl. 1882 S. 45) und bezüglich der
Stellung des Oberpräsidenten als Königl. Kommissarius dem Prooinsziallandtage
gegenüber (PO. 8 26). Dagegen liegt dem Oberpräsidialrat die Vertretung des
Oberpräsidenten in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Medizinalkollegiums ob
M. vom 19. Januar 1882).