§ 32. Die Grenzen zwischen Justiz und Verwaltung. 121
Provinzialbehörde des Beamten erhobenen Konflikt entscheidet nach
§ 11 Nr. 2 EG. z. GVG. das Oberverwaltungsgericht, welches an
die Stelle des früher zuständigen Gerichtshofes für Kompetenzkonflikte
getreten ist. Das Verfahren regelt sich nach den Bestimmungen über das
Verwaltungsstreitverfahren (§§ 113, 114 LVG.), jedoch ist ein Wieder-
aufnahmeverfahren ausgeschlossen (OVG. E. 25, 420 lv. Kamptz 4
S. 1141)); wohl ist aber eine neue Beweiserhebung zulässig.
Nach § 11 Ec. z. GVG. hat die Vorentscheidung des OG. sich
auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob in der gerichtlich ver-
folgten Handlung objektiv eine Amtsüberschreitung liegt, nicht wie
früher, ob die Amtsverletzung zur gerichtlichen Verfolgung geeignet sei.
Bei Kompetenzstreitigkeiten zwischen Verwaltungsbehörden einerseits
und Verwaltungsgerichten anderseits entscheidet in Preußen das Ober-
verwaltungsgericht (§ 113 LVG.).
4. Anwendungsgebiet der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Nachdem im vorstehenden versucht worden ist, die Grenzlinien zwischen
Justiz und Verwaltung festzulegen, ist es nunmehr nach Erörterung
dieser Vorfrage möglich, auf das Anwendungsgebiet der Ver-
waltungsgerichtsbarkeit selbst näher einzugehen.
Die umfassende Reorganisation der allgemeinen Landesverwaltung,
welche im Jahre 1883 zum Abschluß gelangte, hat sich nicht darauf
beschränkt, nur materiell die Funktionen der Verwaltungsbehörden von
einander abzugrenzen, sondern hat gleichzeitig dazu geführt, die Zu-
ständigkeit der neugeschaffenen Behörden und die Rechtsgarantien für
die Tätigkeit und Anordnungen der Verwaltungsbehörden durch ein
dem bürgerlichen Verfahren analog gestaltetes Streitverfahren vor
unabhängigen, zum Teil gemischten Laiengerichten speziell zu regeln.
Zu diesem Zwecke wurde von unten herauf eine Organisation der
Verwaltungsgerichtsbarkeit geschaffen, welche sich an die für die
kommunale Verfassung und Verwaltung der Provinzen und Kreise
vorhandenen Verwaltungskollegien angliederte. Deshalb wurden die
Kreisausschüsse gleichzeitig mit Verwaltungsgerichtsbarkeit betraut, ferner
besondere Verwaltungsgerichte, wie die Bezirksausschüsse, in denen
auch Laien mitwirken und als letzte und oberste Instanz das Ober-
verwaltungsgericht eingesetzt.
Im allgemeinen liegt diesen Gerichten die Aufgabe ob, darüber zu
wachen, daß die staatlichen Verwaltungsorgane sich in den Grenzen
ihrer Befugnisse halten und die ihnen durch das Verwaltungsrecht
gezogenen Schranken nicht überschreiten. Sie üben daher eine Rechts-
kontrolle über die Verwaltung aus und gewähren dem ein zel-
nen einen wirksamen Schutz gegen die mit Zwangsgewalt
ausgestatteten Verwaltungsbehörden.
Als Prozeßpartei erscheint bei diesem Verfahren auf der einen Seite
eine Verwaltungsbehörde, die als Organ der Staatsgewalt bei ihrer
amtlichen Tätigkeit angeblich nicht gesetzmäßig verfahren ist und die
individuelle Rechtssphäre des einzelnen verletzt hat, und auf der anderen
Seite der in seinen Rechten gekränkte und geschmälerte Untertan. Diesen
Konflikt zwischen staatlichen Hoheitsrechten und der individuellen Rechts-