Object: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

650 Erster Theil. Eilfter Titel. 
geldes, welche er bei der Uebergabe baar zu leisten versprochen 73) hat, nicht leistet. 
die Uebergabe verweigern 4) und den Kontrakt aufheben 75). 
§. 231. Außer diesen Fällen kann derjenige Theil, welcher behauptet, daß ihm 
die Erfüllung des Vertrages ohne rechtlichen Grund verweigert, oder nicht gehörig ge- 
leistet werde, in der Regel nur auf die Erfüllung klagen. 
5. 232. Doch findet in allen Fällen, wo die Gesetze einen Kontrahenten zum 
Rücktritte von dem Vertrage wegen der von dem andern verweigerten Erfülkung berech- 
tigen, ein Gleiches auch bei dem Kaufvertrage mit den daselbst näher bestimmten Wir- 
kungen statt. (Tit. 5, S§. 396 —407.) 
diese Zeit verstreichen läßt, ohne sich zur Abnahme der Sache zu melden und den Kaufpeeis anzubieten, 
so steht dem Verkaufer frei, die Uebergabe zu verweigern und den Venrag aufzuheben. Pr. des 
Obertr. 1951, v. 29. Nov. 1847. 
" l Wann die Zahlung baar zu leisten ale versprochen anzusehen, darüber s. o. die Anm. 70 zu 
. 109. 
74) Die Berweigerung der Uebergabe ist Bediugung des Rücktritts. Ist die Uebergabe einmal 
eleistet, so bewendet es bei dem Kaufsgeschäfte und der Verkäufer kann nur auf Segemleistung niogen. 
FEn—. o. die Aum. 68, und das Erk. vom 5. Dez. 1856 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXIII. S. 109). 
Diese Regel hat jedoch ebenfalls ihre Ausnahme. Zu denjenigen Kaufsgeschäften, auf welche auch nach 
schon begonneuer Erfüllung, ihrer rechtlichen Natur nach, der §. 230 dennoch Anwendung finden kann, 
gehören namentlich Käufe über Quamitäten fungibler Sachen, wenn einjzelne Lieserungen gegen jedes- 
malige baare Zahlung für die einzelne Lieferung bei der Uebergabe vorbedungen worden sind. Das 
Obertrib. hat betreffs dessen folgende Sätze angenommen: 
I. Die dem Verkäufer ußtehende Befugniß, in dem Falle, wenn der Käufer die Zahlung des 
Kaufgeldes, welches er bei der Uebergabe baar zu leisten versprochen hat, nicht leister, die Uebergabe 
zu verweigern und den Kontrakt aufzuheben, findet bei Käusen über vertretbare, in einzelnen Quan- 
titäben nach und nach, gegen jedesmalige baare Zahlung für jede einzeine Lieferung, zu gewährende 
Sachen, auch dann Anwendung, wenn schon einzelne Lieferungen gegen Zahlang stattgefunden haben, 
die Nichtleistung der Zahlung bei einer späteren Theillieferung sich ereignet, und der Verkäufer den 
Vertrag iu Beziehung auf die noch nicht bewirkten Lieferungen ausheben will. (4 A.) Vergl. das in 
gleichem Sinne lautende Erk. v. 28. Febr. 1854 (Arch. f. Rechtef. Bd. XII. S. 187). Od bei sol- 
chen Verträgen die Nichtbezahlung einzelner Lieferungen, z. B. bei Milchlieferungsverträgen, an den 
jedesmaligen Lieferungstagen eine Nichterfüllung des Vertrages seitens des Käufers im Sinne des 
#§. 230 enthält, ist nach den jedesmaligen Umständen zu beurtheilen in demselben Erk. vorbehalten. 
11. Der Verkäuser verliert durch die, ohne den sofortigen Empfang der Zahlung bewirkte Ueber- 
gabe allein noch nicht diese Besugniß zur Aufhebung des Vermages; er kaun vielmehr, wenn er die 
Sache in der Erwartung der gleichzeitigen Zahlung übergeden hat, die letztere zwar nicht erhält, jedoch 
binnen 8 Tagen von der Zeit der Uebergabe au dun gerichtliche Klage auf Zahlung des Kaufgeldes an- 
meldet, in diesem Falle von dem Vertrage jür die Zukunft, soweit er denselben noch nicht erfüllt hat, 
ebenfalls noch abgehen. Pr. 2188, v. 21. Dezember 1819 (Eutsch. Bd. XIX, S. 144). 
Zur Begründung des zweiten Satzes ist auf dem apokryphischen §. 224 Bezug genommen. 
Es wird erinnert, daß das Prinzip des §. 230 Über den Rücktritt vom Kaufe erst bei der Um- 
arbeitung des Entwurfs, unter Ausgebung des früher vorgeschlagenen Grundsatzes, daß auch noch nach 
der Uebergabe der Rücktrin zulässig sei, angenommen worden ist, daß aber die Ss. 224 u. 226 aus 
Unachtsamkeit unverändert stehen geblieben sind und daher zu dem S. 230 nicht passen. S. o. die 
Anm. 68 zu §. 224. 
75) Zu der hier dem Verkäufer gestatteten Beschließung resp. Erklärung, den Bertrag aufßzude- 
ben, wenn der Käufer die bei der Uebergabe dedungene Zahlung nicht leistet, bedarf es keiner schrift- 
lichen Form. Macht er von dieser Befugniß Gebrauch, auch nur btbatsächlich, namentlich durch den 
weiteren Berkauf der Sache, so kann er auch deun frlüheren Käufer nicht mehr in Anspruch nehmen. 
Pr. des Obertr. 1840, v. 2. Februar 1847. 
Die Besugniß zur Aushebung des Verkaufs geht auch durch Einklagung des Kaufgeldes nicht ver- 
loren, wenn entweder der Fall nach dem Kontrakte so ist, daß das Kaufgeld vor der Uebergabe gezahlt 
werden sollte und deshalb die Klage ohne Uebergabe möglich war, oder auch, wenn nach Verlauf des 
Erfüllungstermins das Kaufgeld unter Anbictung der Uebergabe eingeklagt wurde. (5. A.) Für diese 
Ansicht 9 auch das Obertr., laut Erk. vom 23. September 1867 (Entsch. Bd. LVIII, S. 79). Vergl. 
auch oben die Aum. 11 a zu §. 397, Tit. 5. — Der §. 230 macht die Ausllbung der dem Berkäufer 
beigelegten Befugniß, den Vertrag aufzuheben, nicht von einer ausdrücklichen Osserte der verkauften 
Sache an den Käufer abhängig. Er setzt voraus, daß dasjenige an Kausgeld, was kontraktlich bei 
der Uebergabe baar bezahlt werden sollte, nicht baar bezablt worden ist. Der dem Verkäufer nachge- 
bessne n Trritt ist an keine Form gebunden. Erk. dess. vom 23. März 1868 (Arch. f. Rechtef. Bd. I.XX, 
238). 
 
	        
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