Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

128 3. Buch. Der Rechtsschutz auf dem Gebiete des öfsentlichen Rechts. 
von einer bis zu vier Wochen zu bemessenden Frist schriftlich ein- 
zureichen. Wenn das Verfahren bei dem Kreisausschusse anhängig. 
ist, so kann die Gegenerklärung auch zu Protokoll erklärt werden. 
Die Frist kann in nicht schleunigen Sachen der Regel nach nicht 
über zwei Wochen verlängert werden. Die Gegenerklärung des 
Beklagten wird dem Kläger zugefertigt (LVG. § 65). Auch nach 
vollzogenem Schriftenwechsel gibt das LVG. dem Verwaltungsgericht 
(nicht dem Vorsitzenden) wiederum die Befugnis, sofern weder vom 
Kläger noch vom Beklagten die Anberaumung der mündlichen Ver- 
handlung ausdrücklich verlangt ist, ohne solche Verhandlung schon auf 
Grund der Erklärung der Parteien seine Entscheidung in der Form 
eines mit Gründen versehenen Bescheides zu fällen. Das weitere Verfahren 
regelt sich nach den für den Vorbescheid gegebenen gesetzlichen Be- 
stimmungen (LVG. 8§ 67). Kommt es zur mündlichen Verhandlung, 
sei es, daß auch nur eine Partei die Anberaumung der mündlichen 
Verhandlung gefordert, sei es, daß das Gericht eine solche für erforderlich 
erachtet hat, so werden die Parteien seitens des Gerichts zur mündlichen 
Verhandlung unter der Verwarnung geladen, daß beim Ausbleiben 
nach Lage der Verhandlungen werde entschieden werden. Einen 
Anwaltszwang kennt das Verwaltungsstreitverfahren nicht, deshalb genügt 
die persönliche Ladung der Parteien, selbst wenn Bevollmächtigte für sie 
bestellt sind (OV. E. v. 3. Juli 1900 bei v. Brauchitsch, Preußische 
Verwaltungsgesetze Bd. 1 (20. Aufl.) Anm. 118 zu § 68 LVG. S. 93). 
Das Gericht kann zur Aufklärung des Sachverhältnisses das persönliche 
Erscheinen einer Partei anordnen (8 68 LVG.). Die mündliche 
Verhandlung, welche in öffentlicher Sitzung des Gerichts erfolgt (LVG. 
8 721), ist auch im Verwaltungsstreitverfahren die Grundlage der 
Entscheidung. Die Parteien oder ihre mit Vollmacht versehenen Ver- 
treter, welche in dieser zu hören sind, können ihre tatsächlichen oder 
rechtlichen Anführungen ergänzen oder berichtigen oder die Klage ab- 
ändern, sofern durch die Abänderung nach dem Ermessen des Gerichts 
das Verteidigungsrecht der Gegenpartei nicht geschmälert oder eine 
erhebliche Verzögerung des Verfahrens nicht herbeigeführt wird. Wie 
im Zivilprozeß hat auch hier der Vorsitzende des Gerichts dahin zu 
wirken, daß der Sachverhalt vollständig aufgeklärt und die sachdien- 
lichen Anträge von den Parteien gestellt werden. Das Gericht kann 
auf Antrag oder von Amts wegen die Beiladung dritter, deren 
Interesse durch die zu erlassende Entscheidung berührt wird, verfügen. 
Die Entscheidung ist in diesem Falle auch den Beigeladenen gegenüber 
gültig (LVG. § 70). ÜUber die mündliche Verhandlung wird unter 
Zuziehung eines vereidigten Protokollführers ein von dem Vorsitzenden 
und dem Protokollführer zu unterzeichnendes Protokoll aufgenommen, 
welches die wesentlichen Hergänge der Verhandlung enthalten muß 
(LVG. 8 75). Die Parteien sind in der Wahl der von ihnen zu 
bestellenden Bevollmächtigten nicht beschränkt. Gemeindevorsteher, welche 
als solche legitimiert sind, bedürfen zur Vertretung ihrer Gemeinde 
keiner besonderen Vollmacht (LVG. 8§ 73). Liegt einer öffentlichen 
Behörde als Partei die Wahrnehmung des öffentlichen Interesses ob,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.