Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 36. Rechtsmittel gegen polizeiliche Verfügungen. 133 
8 36. Rechtsmittel gegen polizeiliche Verfügungen. 
Die Anfechtung polizeilicher Verfügungen war ursprünglich in dem 
Ges. über die Zulässigkeit des Rechtsweges in Beziehung auf polizei- 
liche Verfügungen vom 11. Mai 1842 (GS. S. 192) geregelt. Eine 
grundsätzliche Neuregelung im Rahmen des Verwaltungsstreitverfahrens 
hat die Anfechtung durch das LVG. im Titel 4 §§ 127—131 gefunden. 
Danach findet gegen polizeiliche Verfügungen der Orts= und Kreis- 
polizeibehörden, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich anderes bestimmt, 
entweder die Beschwerde oder die Klage statt, wobei die Wahl zwischen 
beiden Rechtsmitteln gegeben ist (Duplizität des Rechtsmittels). 
a) Beschwerde 
a) gegen die Verfügungen der Ortspolizeibehörden auf dem Lande 
oder einer zu einem Landkreise gehörigen Stadt, deren Einwohnerzahl 
bis zu 10000 Einwohner beträgt, an den Landrat und gegen dessen 
Bescheid an den Regierungspräsidenten; 
6) gegen die Verfügungen der Ortspolizeibehörden eines Stadt- 
kreises mit Ausnahme von Berlin, einer zu einem Landkreise gehörigen 
Stadt mit mehr als 10000 Einwohnern, oder des Landrats an den 
Regierungspräsidenten, und gegen dessen Bescheid an den Oberprä- 
sidenten; 
7) gegen ortspolizeiliche Verfügungen in Berlin an den Oberprä- 
sidenten. 
Gegen den in letzter Instanz ergangenen Bescheid des Regierungs- 
präsidenten bezw. des Oberpräsidenten findet die Klage beim OG. 
statt. Die Klage kann nur darauf gestützt werden, 
aa) daß der angefochtene Bescheid durch Nichtanwendung oder un- 
richtige Anwendung des bestehenden Rechts, insbesondere auch der von 
den Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Verordnungen 
den Kläger in seinen Rechten verletze; 
bb) daß die tatsächlichen Voraussetzungen icht vorhanden seien, 
welche die Polizeibehörde zum Erlasse der Verfügungen berechtigt haben 
würden. 
Die Entscheidung ist endgültig, unbeschadet aller privatrechtlichen 
Ansprüche. Wegen der etwaigen privatrechtlichen Ansprüche sind die 
§§s 2, 4 und 5 des Ges. vom 11. Mai 1842 bestehen geblieben. 
Danach findet wegen Ansprüche auf Entschädigung wegen zulässigen 
Eingriffs in die Privatrechte der ordentliche Rechtsweg statt, und zwar: 
1. wenn der Betroffene Befreiung von der Verpflichtung kraft einer 
besonderen gesetzlichen Vorschrift oder eines speziellen Rechtstitels be- 
hauptet; 
2. wenn der Betroffene behauptet, daß die Anordnung einen solchen 
Eingriff in Privatrechte enthalte, daß dafür nach allgemeinen Grund- 
sätzen Entschädigung geleistet werden müsse, über die Entschädigung. 
Der polizeilich zu einer Leistung Herangezogene kann gegen den an- 
geblich an seiner Stelle verpflichteten dritten den Anspruch auf UÜber- 
nahme dieser Last oder auf Anerkennung seiner Pflicht gemäß § 5 Ges. 
vom 11. Mai 1842 nur im ordentlichen Rechtswege geltend machen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.