Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 39. Stadtgemeinden. 137 
sondern bezweckt auch die Erfüllung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und 
politischer Aufgaben innerhalb lokaler Grenzen. Deshalb sind die vor- 
erwähnten Gebietsteile des Staates zugleich Verbände zur Erreichung 
selbständiger wirtschaftlicher Zwecke, sogen. Kommunalverbände und 
Kommunen. 
Beiden Verbänden ist gemeinsam, daß sie körperschaftliche Rechte 
und eigene Organe besitzen, daß sie eigene Angelegenheiten ver- 
walten, daß sie Autonomie besitzen, wenn sie auch als integrierende 
Teile des Staates der staatlichen Aufsicht unterliegen. 
Während die Kommunen jede für sich einen selbständigen ört- 
lichen Verband zur Verfolgung aller gemeinsamen Interessen bilden, 
setzen sich die Kommunalverbände aus einer Mehrheit von 
Kommunen zusammen. Zweck der Kommunalverbände ist, bestimmte 
im Gesetze näher bezeichnete, aus ihrem weiteren Wirkungskreis sich er- 
gebende Aufgaben zu erfüllen. Gerade die neuen Kreis= und Provinzial- 
ordnungen haben die Aufgaben der kommunalen Eigenverwaltung er- 
heblich vermehrt. Derartige wirtschaftliche Aufgaben, welche nunmehr 
den Kreis= und Provinzialverbänden zur eigenen selbständigen Ver- 
waltung überwiesen sind, sind die Beförderung von Landesmeliorationen, 
Wege-, Landarmen-, Korrigenden-, Irren-, Taubstummen-, Blinden-, 
Rettungs-, Idioten= und Wohlltätigkeitswesen. 
Die kommunalen Selbstverwaltungskörper in Preußen gliedern sich 
in folgender Weise: 
A. Kommunen. 
1. Stadtgemeinden. 
2. Landgemeinden. 
3. Gutsbezirke. 
B. Kommunalverbände. 
1. Gemeindeverbände. 
2. Kreisverbände. 
3. Provinzialverbände. 
Zweiter Titel. 
Kommnnen. 
8§8 39. Stadtgemeinden. 
A. Geschichtliches über die Städteordnungen. 
Die erste umfassende Kodifikation des Rechts der Stadtgemeinden 
ist die „Ordnung für sämtliche Städte der preußischen Monarchie vom 
19. November 1808 (GS. S. 324)“.1) 
Diese Städteordnung enthält bereits diejenigen Organisations- 
bestimmungen, welche auch heute noch die Grundlagen der städtischen 
Gemeinwesen sind. Danach ist den Stadtgemeinden grundsätzlich die 
1) An Stelle der Städteordn. v. 1808 galten für die Verfassungen der Stadt- 
gemeinden nur vereinzelte Bestimmungen, welche enthalten sind in dem Ressort- 
reglement v. 19. Juni 1749, d. Regl. v. 30. März 1867, dem preuß. Av. II, 8 
Abschn. 2 „Von Städten und Stadtgemeinen“; ferner II, 6 88 23 ff. und in dem 
Restript v. 19. September 1799.
	        
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