164 4. Buch. Die Organe der kommunalen Selbstverwaltung in Preußen.
(Distriktskommissarius), der Staats= oder Amtsanwaltschaft aufgetragenen
polizeilichen Maßregeln und zur Aufnahme von Verhandlungen, endlich
die gesetzlich (Ges. vom 31. Dezember 1832 8§ 8 ff.) vorgeschriebene
Meldung neuanziehender Personen entgegenzunehmen. Im Gebiete
der allgemeinen Landesverwaltung liegen dem Gemeindevorsteher noch
die Geschäfte des staatlichen Steuerwesens, Militärersatzwesens, des
Schulwesens, der örtlichen Statistik, der Standesamtsverwaltung ob.
b) Die Gemeindevertretung. Sie setzt sich zusammen aus
dem Gemeindevorsteher, den Schöffen und 9—24 von den Gemeinde-
gliedern gewählten Gemeindeverordneten. Die Wahl der letzteren
findet mit öffentlicher Stimmabgabe, vergl. S. 149, nach dem Drei-
klassensystem (wie bei der Stadtgemeinde) auf 6 Jahre statt. Mindestens
zwei Drittel von den Gemeindeverordneten müssen Angesessene sein.
Die Gemeindeverordneten sind an keinerlei Instruktion oder Aufträge
der Wähler gebunden. Bei den Sitzungen der Gemeindevertretung
findet beschränkte Offentlichkeit statt.
Die Tätigkeit der Gemeindevertretung ist eine beschließende und
eine überwachende.
Die Gemeindevertretung hat über alle Gemeindeangelegenheiten zu
beschließen, soweit sie nicht dem Gemeindevorsteher allein überwiesen
sind, insbesondere den Gemeindehaushaltsetat festzustellen, das Ge-
meindevermögen zu verwalten und die Gemeindesteuern festzusetzen.
Die Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefaßt, wobei für die
Beschlußfähigkeit der Gemeindevertretung die Anwesenheit von mehr
als der Hälfte der Mitglieder derselben genügt.
Die Gemeindevertretung überwacht die Verwaltung; sie ist berechtigt,
sich von der Ausführung ihrer Beschlüsse, von dem Eingange und der
Verwendung aller Einnahmen der Gemeindekasse sowie von der gehörigen
Ausführung der Gemeindearbeiten Uberzeugung zu verschaffen; sie
darf jedoch ihre Beschlüsse niemals selbst zur Ausführung bringen.
In kleineren Landgemeinden mit nicht mehr als 40 Stimmberechtigten
tritt an die Stelle der Gemeindevertretung die Gemeindever-
sammlung, welche dieselbe Zusammensetzung und Zuständigkeit wie
die Gemeindevertretung hat. Die Beschlußfähigkeitsziffer der Ver-
sammlung ist jedoch schon vorhanden, wenn ein Drittel der stimm-
berechtigten Gemeindemitglieder anwesend ist. Jedes Gemeindeglied
führt wenigstens eine Stimme, hochbesteuerte mehr. Stets aber
müssen zwei Drittel aller Stimmen auf die Grundbesitzer entfallen.
Landgemeinden kann die Annahme der Städteordnung und Stadt-
gemeinden die Annahme der Landgemeindeordnung auf ihren Antrag
nach Anhörung des Kreistages und Provinziallandtages durch Königliche
Verordnung gestattet werden. —
§45.Gntöbezitke.
1. Begriff. Selbständiger Gutsbezirk ist nach seiner historischen
Entwicklung „der Inbegriff der Besitzungen der Gutsherrschaft (des
Dominiums) im Gegensatz zu der Gesamtheit der Besitzungen der früheren