§ 49. Provinzialverbände. 173
8§ 49. Provinzialverbände. 1
I. Umfang und Begrenzung. Jede Provinz bildet einen mit
den Rechten einer Korporation ausgestatteten Kommunalverband zur
Selbstverwaltung seiner Angelegenheiten. Derartige Angelegenheiten der
kommunalen Provinzialverwaltung, deren Erledigungen den Provinzial-
verbänden obliegt, sind generell alle Gegenstände, welche auf Grund
der Beschlüsse der Provinziallandtage im Interesse der Provinz zu
Angelegenheiten des Provinzialverbandes erklärt werden, ausgenommen
hiervon sind Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung, speziell die
Verwaltung des Provinzialvermögens, die Angelegenheiten der früheren
provinzialständischen oder kommunalständischen Verbände, und diejenigen,
welche ihnen durch besondere gesetzliche Bestimmungen überwiesen sind,
z. B. die durch das Dotationsgesetz vom 8. Juli 1875 übertragenen
Verwaltungszweige, Anstalten 2c. (§ 4 f.) und die Erhaltung und
Verwaltung der früheren Staatschausseen (88§ 18 ff.), die Ver-
waltung der Landarmenverbände einschließlich des Korrigenden-
wesens (Ges. vom 8. März 1871 8§§ 26 ff. und Ges. vom 11. Juli
1891), die Unterbringung verwahrloster Kinder (Ges. vom
13. März 1878 nebst Nov. vom 27. März 1881 und vom 23. Junie
1884), die Errichtung von Landeskulturrentenbanken (Ges.
vom 13. Mai 1879), die Entschädigung bei Viehseuchen für
getötete oder gefallene Tiere (Ges. vom 12. März 1881 §§ 12 ff. und
Ges. vom 18. Juni 1894).
Zum Kommunalverbande der Provinz (Provinzialverband) gehören
alle innerhalb der Grenzen belegenen Kreise und alle zu diesen Kreisen
gehörenden Ortschaften.
Die Haupt= und Residenzstadt Berlin ist aus dem Kommunalder=
bande der Provinz Brandenburg ausgeschieden und bildet eine eigene
kommunale Provinz.
Die Veränderung bestehender Provinzialgrenzen erfolgt durch Gesetz.
II. Die Provinzialangehörigen (Rechte und Pflichten).
Als solche gelten alle Angehörigen der zu der Provinz gehörigen
Kreise. Sie sind berechtigt zur Teilnahme an der Verwaltung und
Vertretung des Provinzialverbandes und zur Mitbenutzung der öffent-
lichen Einrichtungen und Anstalten des Provinzialverbandes. Sie sind
verpflichtet, zu den Provinziallasten beizutragen.
1II. Die Organe des Provinzialverbandes sind: Der
Provinziallandtag (§8§ 9 ff. 34 ff.), der Provinzialausschuß (§8 45, 58 ff.)
und der Landesdirektor oder Landeshauptmann (88 87 ff.).
1) Prov.-O. f. d. Prov. Ost= u. Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien
u. Sachsen v. 29. Juni 1875 (i. d. Fassung v. 22. März 1881) GS. S. 176. Auf
alle anderen Provinzen mit Ausnahme von Posen ist die Prov.-O. mit einigen
Abänderungen ausgedehnt worden. Hannover 1884, Hessen-Nassau 1885, Westfalen
1886, Rheinprovinz 1887, Schleswig-Holstein 1888. Abänderungen sind erfolgt
durch die Dotationsges. und KXG. Für Posen gilt noch die Prov.-O. v. 27. März
1824 (GS. S. 141) mit den Abänderungen, die es durch das Ges. v. 19. Mai
1889 (GS. S. 108) erfahren hat.
6 Ess v. Brauchitsch, Preußische Verwaltungsgesetze Bd. 2. 17. Aufl. 1903.