Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 52. Das Budgetrecht und die Rechnungskontrolle. 181 
durch Gesetz vom 27. März 1872 nebst Regulativ vom 22. September 
1873 und AE. vom 11. Juni 1877 und 27. Juli 1874 und Kompta- 
bilitätsges. vom 11. Mai 1898, geprüft und festgestellt werden. Die 
allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt jeden Jahres, ein- 
schließlich einer ÜUbersicht der Staatsschulden, wird mit den Bemerkungen 
der Oberrechnungskammer zur Entlastung der Staatsregierung den 
Kammern vorgelegt. 
Die Bemerkungen der Oberrechnungskammer müssen enthalten (§ 18 
des Ges. vom 27. März 1872): 1. „ob die in der Rechnung auf- 
geführten Beträge in Einnahme und Ausgabe mit denjenigen über- 
einstimmen, welche in den revidierten Kassenrechnungen nachgewiesen 
sind; 2. ob und inwieweit bei der Vereinnahmung oder Verausgabung 
oder Verwendung von Staatsgeldern oder bei der Erwerbung, Benutzung 
oder Veräußerung von Staatseigentum Abweichungen von den Be- 
stimmungen des gesetzlich festgestellten Staatshaushaltsetats oder des 
von der Landesvertretung genehmigten Titels der Spezialetats (§ 19), 
oder von den mit einzelnen Positionen des Etats verbundenen Be- 
merkungen oder von den Bestimmungen der auf die Staatseinnahmen 
und Staatsausgaben oder auf die Erwerbung, Benutzung oder Ver- 
äußerung von Staatseigentum bezüglichen Gesetze (nicht bloß von 
Verwaltungsvorschriften) stattgefunden haben, insbesondere 3. zu welchen 
Etatsüberschreitungen im Sinne des Art. 104 der Vl. (§ 19), sowie 
zu welchen außeretatsmäßigen Ausgaben die Genehmigung des Land- 
tages noch nicht beigebracht ist.“ Von der Einziehung dem Staate 
zustehender Einnahmen darf nur im einzelnen Falle und, abgesehen 
von der Unmöglichkeit der Einziehung, nur auf Grund einer durch 
gesetzliche oder königliche Bestimmung erteilten Ermächtigung abgesehen 
werden. Nur unter gleicher Voraussetzung dürfen auch zur Staats- 
kasse vereinnahmte Beträge zurückerstattet werden (§ 18 Abs. 1 Ges. 
v. 11. Mai 1898). Die von den Behäörden rechtsgültig abgeschlossenen 
Verträge dürfen zum Nachteil des Staates nachträglich weder auf- 
gehoben noch abgeändert werden. Ausnahmen sind mit königlicher 
Genehmigung zulässig und bedürfen, wenn der abgeschlossene Vertrag 
der Genehmigung des Landtages unterlegen hat, auch der Zustimmung 
des letzteren (§ 37 Abs. 3 Ges. vom 11. Mai 1898). Defekte dürfen, 
abgesehen von der Unmöglichkeit der Einziehung nur auf Grund einer 
durch königliche Bestimmung erteilten Ermächtigung niedergeschlagen 
werden (§ 17 des Ges. vom 27. März 1872 GS. S. 278; § 38 
Abs. 1 Ges. vom 11. Mai 1898). Die Bemerkungen der Ober- 
rechnungskammer können dem Landtage zur Dechargeverweigerung oder 
zu tadelnden Bemerkungen Veranlassung geben. Die Dechargeerklärung 
seitens des Landtages hat nur eine politische, nicht rechtliche Bedeutung. 
Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen nur, soweit sie in 
den Staatshaushalt ausgenommen oder durch besondere Gesetze ange- 
ordnet sind, erhoben werden (Vu. Art. 100). Aus vorstehendem 
erhellt, daß die Einführung neuer Steuern und Abgaben nur nach 
vorgängiger Zustimmung des Landtages zulässig ist. In betreff der 
Steuern können Bevorzugungen nicht eingeführt werden (Art. 101 Vl.). 
 
	        
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