fullscreen: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

188 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
gleichsfonds bis zur Höhe von 200 000.000 M. verwandt werden. 
Der darüber hinausgehende Betrag des Überschusses wird zu einer 
weiteren Tilgung von Staatsschulden bezw. Verrechnung auf bewilligte 
Anleihen verwendet. Der Ausgleichsfonds ist in nachstehender Reihen- 
folge zu verwenden: 
1. zur Bildung oder Ergänzung eines Dispositionsfonds der Eisen- 
bahnverwaltung bis zur Höhe von 30000 000 M. zur Vermehrung 
der Betriebsmittel, Erweiterung und Ergänzung der Bahnanlagen sowie 
zu Grunderwerbungen; 
2. zur Ausgleichung eines rechnungsmäßigen Minderüberschusses der 
Eisenbahnverwaltung, insoweit derselbe nicht durch einen etwaigen Uber- 
schuß im gesamten übrigen Staatshaushalte gedeckt wird; 
3. zur Verstärkung der Deckungsmittel im Staatshaushaltsetat be- 
hufs angemessener Ausgestaltung des Extraordinariums der Eisenbahn- 
verwaltung nach näherer Bestimmung des jeweiligen Staatshaushalts- 
etats. 
Der Ausgleichsfonds wird von dem Finanzminister verwaltet. 
Vierter Titel. 
8 54. Staatsschulden. 
Die Aufnahme einer Staatsschuld (Anleihe) geschieht entweder um 
das Gleichgewicht zwischen Einnahme und Ausgabe wiederherzustellen 
(Finanzschuld) oder Meliorationen und neue Anlagen (Eisenbahnen, 
Telegraphen, Kanäle, Lagerhäuser, Kornhäuser) und dergl. mehr her- 
zustellen (Anlageschuld). 
Die Finanzschuld verfolgt nur einen finanziellen Zweck, Deckung des 
Fehlbetrages; die Anlageschuld dient volks= und staatswirtschaftlichen 
Interessen. Die Anlageschulden enthalten nach den durch die Anlage- 
schuld geschaffenen positiven Werten oft eine Vermehrung des Ver- 
mögensstandes des Staates und des Nationalwohlstandes. 
Die Summe, die der Staat zu verzinsen oder nach Ablauf der 
Kreditfrist herauszuzahlen verspricht, heißt Nennwert der Anleihe. 
Die Summe, welche der Staatsgläubiger nach der einen Ansicht (Gold- 
schmidt, System des Handelsrechts. 4. Aufl. 1892 § 107) als Dar- 
lehn, nach der anderen Ansicht (Cosack, Lehrbuch des Handelsr. § 66 
Kahlke, Die rechtl. Natur der öffentl. Anleihe 1897 S. 19, Entsch. 
des ROHG. Bd. 20 Nr. 68) als Kauf gewährt, heißt Anleihe- 
valuta; sie wird meist in Prozentsätzen des Nennwerts bestimmt; der 
Prozentsatz heißt Emissionskurs. Von einer über pari Emission 
spricht man, wenn der Kurswert über den Neunwert hinausgeht, von 
einer unter pari Emission, wenn der Kurswert unter dem Nennwert 
liegt; sind beide gleich, so liegt Emission al pari vor. 
Die Höhe des Kurses bestimmt sich nach der Sicherheit des Zahlungs- 
versprechens des Schuldners und nach der Höhe des Zinssatzes. Der 
Zins wird um so niedriger, je größer die Sicherheit des darlehn- 
suchenden Staates (geordnete Finanzen, Steuereinkünfte, Staatsver- 
mögen u. dgl. m.) ist.
	        
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