Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

292 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
die Gefahren, welche für die menschliche Gesundheit entstehen durch 
das Feilhalten verfälschter oder verdorbener Nahrungs= und Genuß= 
mittel, sowie gewisser gesundheitsgefährlicher Gebrauchsgegenstände, 
wie Spielwaren, Tapeten, Farben, Eß-, Trink= und Kochgeschirre, 
Petroleum. Die Regelung dieser ganzen Materie ist im Wege der 
Reichsgesetzgebung durch RG. vom 14. Mai 1879 (Röl. S. 145) 
erfolgt. Hierüber vgl. mein Handbuch Bd. 1 S. 374 unter b) 9). 
Der Verkehr mit diesen Gegenständen, insbesondere die Herstellung, 
Aufbewahrung und Feilhaltung ist unter polizeiliche Aufsicht gestellt 
und durch Polizeiverordnungen im einzelnen näher geregelt. Strafrecht- 
lich wird die Verfälschung, sowie der Verkauf verdorbener und ver- 
fälschter Gegenstände und die Verwendung gesundheitschädlicher Bestand- 
teile geahndet. Nach § 2 des RG. vom 14. Mai 1879 sind die 
Beamten der Polizei befugt, in die Räumlichkeiten, in welchen Gegen- 
stände der verbotenen Art feilgehalten werden, während der üblichen 
Geschäftsstunden oder während die Räumlichkeiten dem Verkehr geöffnet 
sind, einzutreten. Sie sind befugt, auch Proben gegen Empfangs- 
bescheinigung und Zahlung des üblichen Kaufpreises zu entnehmen. 
Dies Recht der Polizei kann auch auf Märkten, öffentlichen Plätzen, 
Straßen ausgeübt werden, wenn dort Waren zum Verkauf ausgeboten 
werden. 
Die Fleischüberwachung, insbesondere die Schlachtvieh= und 
Fleischbeschau ist reichsgesetzlich geregelt. Vgl. mein Handbuch 
Bd. 1 S. 375. Das zum Genuß für Menschen bestimmte Vieh 
unterliegt vor und nach der Schlachtung einer amtlichen Untersuchung, 
zu deren Ausübung Beschaubezirke gebildet und Beschauer angestellt 
werden. Bei der Untersuchung kann das Fleisch für tauglich, untaug- 
lich und bedingt tauglich erklärt werden. Für die Beseitigung des 
untauglichen Fleisches haben die Gemeinden einen geeigneten Raum 
zur Verfügung zu stellen. Für das bedingt taugliche und für das 
genießbare minderwertige Fleisch sind besondere Verkaufstellen (Frei- 
bänke) einzurichten, der Verkauf darf nur zum Gebrauch im eigenen 
Haushalt erfolgen. Das aus dem Auslande eingehende Fleisch mit 
Ausschluß des Wildbrets und Federviehs unterliegt nur bei der Ein- 
fuhr der Untersuchung. Frisches Fleisch darf nur in ganzen Tier- 
körpern, Pökelfleisch nur in Mengen von 4 kg und Buchsenfleisch, 
Würste und Gemenge aus verkleinertem Fleisch überhaupt nicht ein- 
geführt werden. Fleisch von Schweinen und Wildschweinen, soweit 
es zum Genusse für Menschen bestimmt ist, unterliegt der amtlichen 
Untersuchung auf Trichinen. Im Irnteresse besserer gesundheitlicher 
Uberwachung des Schlachtviehes und des Fleisches und zwecks größerer 
Sauberkeit und Exaktheit beim Schlachten sind fast in allen größeren 
Orten von den Gemeinden Schlachthäuser eingerichtet worden (Ges. 
vom 18. März 1868 GS. S. 277). Wo das geschehen ist, kann 
durch Gemeindebeschluß angeordnet werden, daß innerhalb des ganzen 
Gemeindebezirkes oder eines Teils desselben das Schlachten sämtlicher 
oder einzelner Gattungen von Vieh, sowie gewisse mit dem Schlachten 
in unmittelbarem Zusammenhange stehende bestimmt zu verzeichnende
	        
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