§ 77. Das Rentenbankengesetz. 303
die abzulösenden Reallasten zu leistenden Abfindung ein Drittel des
Reinertrages der Stelle verbleibe, und daß mithin, soweit es hierzu
erforderlich, die Abfindung für die zur Ablösung kommenden Reallasten
vermindert werde. Der Reinertrag der Stelle wird in der Weise
ermittelt, daß von dem gemeinen Kaufwert 4 Prozent mit dem Jahres-
wert aller ablösbaren Reallasten der Stelle nach Abzug der Gegen-
leistungen zusammengerechnet werden. Die Summe beider stellt den
Reinertrag der Stelle dar.
Der zur Ablösung festgestellte Geldbetrag kann von dem hierzu Ver-
pflichteten durch Barzahlung des achtzehnfachen Betrages an den
Berechtigten abgelöst werden, oder der Verpflichtete gibt Rentenbriefe
zum zwanzigfachen Betrage, welche der Berechtigte seinerseits immer
verlangen kann (88 60 ff.). Das Nähere bestimmt das Renten-
bankengesetz.
§ 77. Das Rentenbankengesetz.
Zur Beförderung der Ablösung der Reallasten und zur vollständigen
Auflösung des Rechtsverhältnisses zwischen den bisherigen Berechtigten
und Verpflichteten sind gemäß § 1 des Gesetzes eine Reihe von Renten-
banken errichtet worden. ) Die Ablösung erfolgt durch die Renten-
banken, sobald die Reallasten in feste Geldrenten verwandell worden
find, dadurch daß die Bank den Berechtigten gegen Überlassung der
Geldrente für das zu deren Ablösung erforderliche Kapital durch zins-
tragende, allmählich zu amortisierende Schuldverschreibungen (Renten-
briefe) abfindet, die Rente aber alsdann von dem Verpflichteten solange
fortbezieht, als dies zur Zahlung der Zinsen und zur allmählichen
Amortisation der Rentenbriefe erforderlich ist. Sobald diese Amortisation
vollendet ist, hört die Verbindlichkeit des Belasteten zur Entrichtung
der Rente ganz auf (§ 2). Der Staat garantiert die den Renten-
banken auferlegten Verpflichtungen (§ 3). Als ausführende Behörde
und zwar für die Festsetzung der an die Stelle der Reallasten tretenden
Keldrenten, für die Verhandlungen zwischen den Parteien über die
eisung dieser Geldrenten an die Rentenbanken und die Ent-
scheidung sowohl hierüber, als über die Höhe der den Berechtigten
von der Rentenbank zu gewährenden Abfindung fungieren die Aus-
einandersetzungsbehörden, während alle übrigen bei den Operationen
der Rentenbanken vorkommenden Geschäfte der „Direktion der Renten-
bank“ sowie den zur Einziehung der direkten Staatssteuern bestimmten
Behörden obliegen (§ 4). Jede Direktion einer Rentenbank besteht aus
einem Direktor und dem erforderlichen Hilfs= und Subalternbeamten-
personal. Die Direktionen der Rentenbanken stehen unter der Ober-
aufsicht der Ministerien für die Finanzen und für die landwirtschaft-
1) Rentenbanken befinden sich für Berlin und Brandenburg in Berlin, für
Pommern, Schleswig-Holstein, Kreis Herzogtum Lauenburg in Stettin, für die
HProvinz Posen in Posen, für Schlesien in Breslau, für Sachsen und Hannover in
Magdeburg, für Westfalen, Rheinprovinz und Hessen-Nassau in Münster. In Hohen-
gollern werden die Geschäfte der Rentenbank durch die Regierung in Sigmaringen
wahrgenommen (8 15 des Ges. vom 28. Mai 1860 GS. S. 221).