Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 80. Schutzmaßregeln zur Erhaltung des Besitzstandes rc. 317 
dem Rentengutsübernehmer gegenüber rechtsunwirksam sind. Mit der 
Umschreibung des Eigentums an dem Rentengute ist die Vormerkung. 
zu löschen 6# 12). Den Generalkommissionen liegt auch die Kontrolle 
der Wirtschaftsführung der mit staatlichem Kredite begründeten Renten- 
güter ob, um den Fiskus vor Verlusten zu schützen (Minist. Zirk. Verf. 
vom 30. April 1895, MBl. S. 163). 
Die Gewährung eines erweiterten Zwischenkredits bei Rentenguts- 
gründungen ermöglicht das Gesetz vom 12. Juli 1900 (GS. S. 300), 
indem es folgendes bestimmt: Soweit für die Einrichtung von Renten- 
gütern die Vermittelung der Generalkommission eintritt, kann der zur 
Abstoßung der Schulden und Lasten der aufzuteilenden oder abzu- 
trennenden Grundstücke und zur erstmaligen Besetzung der Rentengüter 
mit den notwendigen Wohn= und Wirtschaftsgebäuden erforderliche 
Zwischenkredit aus den Beständen des Reservefonds der Rentenbanken 
gewährt werden. 
Dem Fonds darf hierfür ein Betrag bis zu 10 Millionen Mark ent- 
nommen werden (5 1). Über die Verwendung des Zwischenkredits- 
ist dem Landtage alljährlich Rechnung zu legen (§ 2). 
3. Erstreckung des Anerbenrechts auf Renten= und An- 
siedelungsgüter (Ges. vom 8. Juni 1896 (GS. S. 1241s, erstreckt 
auf Kreis Herzogtum Lauenburg durch V. vom 10. Oktober 1906. 
GS. S. 411. 
Geschichtliches. 1) Das geltende Recht stellt im allgemeinen für 
das Intestaterbrecht den Grundsatz auf, daß eine vollständige gleiche 
Verteilung des Nachlasses unter die Erben stattzufinden habe. Auch 
im älteren deutschen Recht war gleiche Teilung unter die männlichen 
Erben bezüglich des Grundbesitzes Gesetz. Erst im 15. und 16. Jahr- 
hundert hat sich für die Erbfolge in die Landgüter ein anderes Prinzip- 
gebildet und zwar zunächst im Gebiete des Meierrechts. Ursprünglich 
ist hierbei das Interesse des Gutsherrn — der Meier ist ursprünglich 
ein Beamter des Gutsherrn — bestimmend gewesen. Aus gutsherr- 
lichen, fiskalischen und ähnlichen Rücksichten hat man es für zweck- 
mäßig erachtet, den Hof immer in die Hände eines einzelnen Anerben 
übergehen zu lassen. Aber auch im Interesse der Erhaltung eines ge- 
sunden und wohlhabenden Bauernstandes hat man in dem weitaus 
größten Teile Deutschlands Mittel und Wege gefunden, um den Ge- 
danken einer möglichst langen Erhaltung wohl arrondierter Landgüter 
zu verwirklichen, den dauernden Besitz derselben in einer Familie zu 
begünstigen und endlich auch der Überschuldung des landwirtschaftlichen 
Grundbesitzes tunlichst vorzubeugen. Man verkannte hier nicht, daß 
die strenge Durchführung der gleichen Erbteilung die Gefahr einer all- 
mählichen Zersplitterung und Zertrümmerung des ländlichen Grund- 
besitzes mit sich bringe. Deshalb hatte sich in dem weitaus größten 
Teile Deutschlands die Sitte eingebürgert, durch Testament die Ver- 
  
1) Vgl. Protokolle der Kommission für die 2. Lesung des Entw. des BG. 
Bd. 5 S. 852ff. Berlin 1899. Vgl. ferner Dernburg, BR. Bd. 5 S. 549 ff. 
Anhang, §§ 194 ff. Frommhold, Deutsches Anerbenrecht. Greifswald 1896.
	        
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