§ 101. Wassergenofsenschaften. § 102. Vorflut. Entwässerung. 373
zur Aufnahme von Anleihen, durch welche der Schuldenbestand ver-
mehrt wird, bedarf die Genossenschaft vorgängiger Genehmigung des
Kreis-(Stadt-hausschusses und, sofern sie unter der Aufsicht des
Regierungspräsidenten steht, der vorgängigen Genehmigung desselben
(§ 51). Die öffentliche Genossenschaft kann zwar die Auflösung
beschließen, aber der Auflösungsbeschluß erfordert zu seiner Gültigkeit
eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen und die Genehmigung
des zuständigen Ministers (§ 62). Der Eintritt in eine neuzubildende
Genossenschaft zur Ent= oder Bewässerung von Grundstücken kann
gegen widersprechende Eigentümer der bei dem Unternehmen zu be-
teiligenden Grundstücke durch landesherrliche Verordnung (§ 57) er-
zwungen werden, wenn das Unternehmen Zwecke der Landeskultur
verfolgt, und nur bei Ausdehnung auf in dem Eigentum der Wider-
sprechenden befindliche Grundflächen zweckmäßig ausgeführt werden
kann, und wenn die Mehrheit der Beteiligten, nach der Fläche und
dem Katastralreinertrage der zu beteiligenden Grundstücke berechnet,
sich für das Unternehmen erklärt hat (§ 65). In Ermangelung
anderweiter Vereinbarung soll die Teilnahme an den Genossenschafts-
lasten nach Maßgabe der den Genossen aus den Genossenschaftsanlagen
erwachsenden Vorteile geregelt werden (§ 66 Abs. 1).
8 102. Vorflut. Entwässerung.
Nach römischem Recht darf niemand den Normalzustand eines Grund-
stücks eigenmächtig dergestalt verändern, daß der Ablauf des Regen-
wassers zum Nachteil eines ländlichen Grundstücks verstärkt resp.
vermindert wird. Der Normalzustand wird teils durch die natürliche
Bodenbeschaffenheit des Grundstücks bestimmt, teils durch künstliche
Anlagen (Gräben, Dämme), welche zufolge obrigkeitlicher Anordnung
angelegt sind oder seit unvordenklicher Zeit bestehen. Demzufolge hatte
der oberhalb belegene Eigentümer eine besondere Klage — actio
aquase pluviae arcendae — um die Beseitigung von Anlagen des
Nachbargrundstücks zu erlangen, welche den herkömmlichen Lauf des
Regenwassers ändern, in gleicher Weise konnte der unterhalb gelegene
Eigentümer mit derselben Klage jede auf künstlichem Wege herbei-
geführte Vermehrung des Wasserablaufs verhindern.
Das preußische ALR. kennt eine derartige allgemeine Verpflichtung
zur Aufnahme des von anderen Grundstücken herkommenden Wassers
nur insoweit, als bestehende natürliche oder künstliche Wasserläufe in
Frage kommen. Gegen das außerhalb der ordentlichen Kanäle und Gräben
wild ablaufende Wasser ist ein jeder Eigentümer seine Grundstücke zu
decken wohl befugt (§ 102 1 8 ALR.). Ausnahmen hiervon gelten
jedoch insoweit, als der unterhalb liegende Nachbar, wenn der ober-
halb liegende Besitzer dergl. Wasser durch die auf seinem Grund und
Boden zu machenden Veranstaltungen nicht abführen kann, verpflichtet
ist, selbiges anzunehmen und dem oberen die Vorflut zu gestatten.
Diese Verpflichtung fällt für den Unterlieger im allgemeinen fort,
sobald es durch natürliche Hindernisse unmöglich wird, das solchergestalt
anzunehmende Wasser weiter abzuleiten. Doch kann auch in diesem