Anhang (zu Kapitel 5). Schiffahrtswesen. 391
Schiffsvermessungsordnung findet Anwendung auf alle Schiffe, Fahr-
zeuge und Boote, welche ausschließlich und vorzugsweise zur Seefahrt
bestimmt sind (§ 1). Zur Ermittelung der Ladungsfähigkeit der Schiffe
wird deren Raumgehalt durch Vermessung festgestellt ¾ 2). Das Ver-
messungsverfahren ist im einzelnen näher geregelt (§65 4—20). Die
Vermessung selbst geschieht durch die von den Landesregierungen be-
stellten Vermessungsbehörden, der ein Schiffsbautechniker als Mitglied
angehören muß (§ 21). Die Aufsicht über das Schiffsvermessungswesen,
einschließlich der Revision der Vermessungen, wird durch das Schiffs-
vermessungsamt in Berlin ausgeübt, welches dem Reichskanzler unter-
stellt ist. Über jede Vermessung hat die zuständige Vermessungsbehörde
einen Meßbrief mit Feststellung des Raumgehalts auszufertigen.
Schiffszertifikat ist die bei Seeschiffen, Schiffsbrief die bei
Binnenschiffen von der Registerbehörde über die Eintragung eines
Schiffs im Schiffsregister erteilte Urkunde, in welche der voll-
ständige Inhalt der Eintragung aufzunehmen ist. Nur solche
Schiffe werden bei Amtsgerichten an Seeplätzen in das öffentliche
Schiffsregister eingetragen, wenn sie nachweislich das Flaggenrecht be-
sitzen, die Benennung des Schiffs, das Vermessungsergebnis dargetan
haben. Aus den so erfolgten Eintragungen im Schiffsregister werden
die Zertifikate erteilt, und durch dieses Zertifikat wird der Nachweis
des Flaggenrechts grundsätzlich erbracht (ovgl. §8 4—12 des RG. über
das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe vom 22. Juni 1899 RGl.
S. 319], RG. über die freiwillige Gerichtsbarkeit § 120 und dazu
preußisches AG. vom 21. September 1899 (GS. S. 249] Art. 29;
zu § 25° des Reichsflaggenges. die AV. vom 10. November 1899
ZBl. S. 380).
Die Feststellung der Bedingungen für die Erlaubnis zur Führung
von Seeschiffen ist durch § 31 der Reichsgewerbeordnung prinzipiell
geordnet. Danach müssen Seeschiffer, Seesteuerleute, Maschinisten
der Seedampfschiffe und Lotsen sich über den Besitz der erforderlichen
Kenntnisse durch ein Befähigungszeugnis der zuständigen Verwaltungs-
behörde ausweisen. § 31 umfaßt auch die Lotsen der Binnengewässer,
dagegen nicht die Schiffer, Steuerleute und Maschinisten der Binnen-
schiffe. Für Schiffer und Maschinisten der letzteren Art kann der
Bundesrat, bei geschlossenen Seen die Landesregierung, gemäß § 232
des Binnenschiffahrtsgesetzes Bestimmungen über den Befähigungs-
nachweis treffen. Ahnliches gilt für Floßführer (vgl. Flößereigesetz
vom 15. Juni 1895 § 32). Lotsen der Binnengewässer sind regelrecht
selbständige Gewerbetreibende (RVA. vom 24. Oktober 1892 AgN.
IA V. 138); im übrigen trifft § 31 der Gew. O. wesentlich auch „unselb-
ständige" Gewerbetreibende. (Vgl. Kayser-Steiniger Gew. O. 3. Aufl.
Berlin 1901 Bem. 3 zu § 31 S. 70). Die gewerbliche Schiffahrt
(Personen= und Sachbeförderung zu Wasser) fällt grundsätzlich, ab-
gesehen von einzelnen Ausnahmen, unter die Gew. O.
Nach § 31 Absatz 2 der Gew. O. erläßt der Bundesrat die Vor-
schriften über den Befähigungsnachweis. Die auf Grund dieses
Nachweises erteilten Zeugnisse gelten für das ganze Reich, bei Lotsen