Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

24 1. Buch. Verfassung des preußischen Staates. 
Befreiung von der Wehrpflicht durch Verträge zugesichert ist oder auf 
Grund besonderen Rechtstitels zusteht. Nach dem ES. z. G. 87 
bleibt das landesgesetzlich den Standesherren gewährte Recht auf Aus- 
träge, soweit die streitige Gerichtsbarkeit in Frage kommt (EG. 8§ 2), 
bestehen. Bezüglich der nicht streitigen Gerichtsbarkeit verbleibt es bei 
dem landesgesetzlich den Häuptern und Mitgliedern der früher reichs- 
ständischen Familien eingeräumten Gerichtsstand (§27 AG. z. GVG.). 
Endlich bleiben auch nach Inkrafttreten des BGB. in Ansehung der 
Familienverhältnisse, namentlich des ehelichen Güterrechts, die Vor- 
schriften über Ebenbürtigkeit, Mißheiraten und deren Folgen, die elter- 
liche Gewalt, das Vormundschaftsrecht, nicht aber die Vorschriften 
über die Schließung und Scheidung der Ehe und die Güter derjenigen 
Häuser, welche vormals reichsständisch gewesen und seit 1806 mittel- 
bar geworden sind, oder welche diesen Häusern bezüglich der Familien= 
verhältnisse und der Güter durch Beschluß der vormaligen deutschen 
Bundesversammlung oder vor dem Inkrafttreten des BGB. durch 
Landesgesetz gleichgestellt worden sind, die Vorschriften der Landesgesetze 
und nach Maßgabe der Landesgesetze die Vorschriften der Hausverfassung 
unberührt. Das gleiche gilt zugunsten des vormaligen Reichsadels 
und derjenigen Familien des landsässigen Adels, welche vor dem In- 
krafttreten des BGB. dem vormeligen Reichsadel durch Landesgesetz 
gleichgestellt worden sind (Art. 58 Abs. 1 u. 2 EcG. z. BGB.). 
Die im Tit. 9 preußischen ALR. Teil ll über Erwerb, Verlust, Nachweis 
des niederen Adels enthaltenen Vorschriften bestehen fort und sind auch 
vom BGB. nicht berührt worden (Art. 58 Abs. 2 Abs. EEG. z. BGB.). 
2. Gewährleistung der persönlichen Freiheit (Art. 5 
Satz 1 Vu.). Hierzu gehört, daß die Bedingungen und Formen, unter 
welchen eine Beschränkung derselben, insbesondere eine Verhaftung zu- 
lässig sind, durch das Gesetz bestimmt werden (Art. 5 Satz 2 Vn.). 
Die Tragweite des Art. 5 besteht nicht nur darin, daß eine will- 
kürliche Verhaftung ausgeschlossen sein soll (so G. Anschütz, die kon- 
stitutionelle Theorie S. 113), sondern reicht insoweit weiter, als jeder 
unmittelbare Eingriff in die persönliche Freiheit der Person nur durch 
Gesetz bezw. nur in Gemäßheit des Gesetzes erfolgen darf (ogl. Arndt, 
Das selbständige Verordnungsr. Berlin 1902. S. 70 ff., Derselbe, 
Vlu. Anm. 2 zu Art. 5); es fallen daher unter Art. 5 Freizügigkeit, 
Gewerbefreiheit u. dgl. m. 
In Zusammenhang mit Art. 5 steht die weitere Bestimmung des 
Art. 6 Vl., nach welcher die Wohnung unverletzlich ist. Das Ein- 
dringen in dieselbe und Haussuchungen sowie die Beschlagnahme von 
Briefen und Papieren sind nur in den gesetzlich bestimmten Fällen und 
Formen gestattet. 
Zur Ausführung der Art. 5 und 6 ist das Gesetz „zum Schutze der 
persönlichen Freiheit“ vom 12. Februar 1850 (GS. S. 45) erlassen 
worden. Die ursprünglich in diesem Gesetz geregelten Fälle der Ver- 
haftung und vorläufigen Festnahme zwecks gerichtlicher Strafverfolgung sind 
ersetzt worden durch die §§ 112—132 der Reichsstrafprozeßordnung. 
Ebenso ist die Beschlagnahme und Durchsuchung zur Vorbereitung ge- 
 
	        
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