Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

34 8. Buch. Die Organe der Staats- und staatlichen Selbstverwaltung. 
Nach Art. 47 der preußischen Verfassung besetzt der König alle 
Stellen im Heere, sowie in den übrigen Zweigen des Staatsdienstes, 
soweit nicht das Gesetz ein anderes verordnet. 
Hiernach steht die Ernennung der Beamten dem Könige oder den 
von ihm beauftragten oberen Behörden zu. Nach der Verordn. vom 
27. Oktober 1810 (GS. S. 3) ernennt der König die Räte bei 
allen Zentral= und Provinzialbehörden und die im Range höher oder 
gleichstehenden Beamten, ferner die Richter einschließlich der Handels- 
richter; Ges. v. 24. April 1878 (GS. S. 230) § 7; die Universitäts- 
professoren, die Direktoren der Gymnasien, Real= und höheren Bürger- 
schulen und Seminarien und die Rendanten der Hauptkassen (Verordn. 10. 
Abschn. M. d. J. vom 9. Dez. 1842 (GS. 43 S. 1) § 3). Die 
Ernennung erfolgt meist auf Lebenszeit, nur für untergeordnete Dienst- 
leistungen findet eine Annahme auf Kündigung oder Widerruf statt. 
Über die Ernennung wird in der Regel eine Anstellungsurkunde 
ausgefertigt. 
Der Ernannte hat den Dienst= und Verfassungseid zu leisten. 1) 
Die Vorbedingungen, welche für eine Anstellung erforderlich find, 
find folgende: 
a) Reichs= oder Staatsangehörigkeit, die jedoch mit der Anstellung 
von selbst erworben wird (RG. v. 1. Juni 1870 (BEl. 355] 8 9), 
b) Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte, 
0) die für das betreffende Amt besonders bestimmte Befähigung. 
Bezüglich der zu c erwähnten Befähigung tritt der Unterschied 
zwischen höheren, Subaltern= und Unterbeamten hervor. Unter den 
einzelnen Beamtenarten sind besonders zu erörtern: Verwaltungs= und 
Justizbeamte (Justizpersonen). 
Zweiter Titel. 
Verwaltungsbeamte. 
8 8. Höhere Verwaltungsbeamte. 
Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst (Ges. vom 10. August 
1906 GS. S. 378). Die Befähigung wird durch die Ablegung 
zweier Prüfungen erlangt, denen ein mindestens dreijähriges Studium 
der Rechte und der Staatswissenschaften auf einer Universität voran- 
zugehen hat (§ 1). Die erste Prüfung ist die erste juristische Prüfung. 
Die zweite Prüfung ist bei der „Prüfungskommission für höhere 
Verwaltungsbeamte“ abzulegen (§ 2). Zwischen der ersten und zweiten 
Prüfung ist ein Vorbereitungsdienst von mindestens vier Jahren zurück- 
zulegen (§ 3). Der Vorbereitungsdienst beginnt mit einer einjährigen 
Beschäftigung als Referendar bei Gerichtsbehörden. Der Minister der 
Finanzen und des Innern sind ermächtigt, die Dauer dieser Beschäftigung 
unter entsprechender Verlängerung der Vorbereitung im Verwaltungs- 
dienste bis auf neun Monate herabzusetzen (§ 4). 
Nach vorschriftsmäßiger Beendigung der Beschäftigung bei Gerichts- 
behörden wird der Gerichtsreferendar von dem Präsidenten derjenigen 
  
Uber die Farm des Diensteides s. Verordn. v. 6. Mai 1867 (GS. S. 715).
	        
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