Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

546 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
Visitationsrecht, die Einführung der neuen Geistlichen in ihr Amt. 
Er hat die Vorsorge zu treffen für die Ordnung des Gottesdienstes 
bei einer Pfarrvakanz. Er dient als vermittelndes Organ zwischen 
Pfarrer und Bischof. Der Dekan wird vom Bischof ernannt und besitzt 
die jurisdictio ordinaria. Als Dekan hat er kein beneficium, wohl 
aber als Pfarrer. Deshalb ist er jederzeit absetzbar. Selbständig kann 
er gegen die Geistlichen seines Bezirks nichts verfügen, er hat keine 
Strafgewalt gegen sie, er hat höchstens ein Rügerecht. Gemeinsame 
Angelegenheiten des Sprengels werden auf den Landkapiteln, bei denen 
alle Benefiziaten Sitz und Stimme haben, unter dem Vorsitz des 
Dekans beraten. 
3. Die Pfarrer (parochi) werden vom Bischof auf Lebenszeit 
auf eine Pfründe fest angestellt. An sich sind sie unversetzbar. Letzteres 
gilt nicht für Missionspfarrer (solche Missionspfarrer sind fast alle in 
Brandenburg und Pommern) und Sukkursalpfarrer (curés deservants) 
in Gebieten des französischen Rechts. Die Kompetenz des Pfarrers 
(parochus proprius) ergreift alle Katholiken, die in seiner Parochie 
den Wohnsitz genommen haben („quidquid est in parochia, est 
etiam de parochia“), ihnen gegenüber hat er die ausschließliche Voll- 
macht, das göttliche Wort zu predigen und die Sakramente zu spenden. 
Zur Verwaltung des Pfarramts ist erforderlich: Das Presbyterat, 
das Diakonat reicht nur ausnahmsweise aus, der ordo presbyteralis 
muß aber dann binnen Jahresfrist erlangt werden; ferner die aetas 
Canonica, das Alter von 25 Jahren und die approbatio pro cura 
d. h. die vom Bischof erteilte missio legitima pro cura animarum. 
Letztere umfaßt die Spendung der nicht dem Bischof vorbehaltenen 
Sakramente, die Leitung des Gottesdienstes, Predigtpflicht, Abhaltung 
der Messen, von Prozessionen, Unterweisung der Jugend in der Religion 
sowohl in der Kirche, wie Schule, Handhabung der Kirchenzucht über 
die Parochianen mit dem Rechte der Ermahnung und Verwarnung, 
Führung der Kirchenbücher. Dem Pfarrer liegt auch die Verwaltung 
des kirchlichen Vermögens, des Benefizialguts und der Kirchenfabrik ob. 
Als Gehülfen und Vertreter des Pfarrers kommen in Betracht Hilfs- 
geistliche, welche entweder vicari# temporales oder curati, letztere an 
einer Filialkirche vom Bischof festangestellt und mit der cura animarum 
an dieser Kirche mit Ausnahme von Aufgebot und Trauung betraut, auch 
Kuraten schlechthin genannt, oder vicarül simplices, an einem einzelnen 
Altar zum Meßdienst bestimmt. Ein wirkliches Pfarrrecht, wenn auch 
ohne beneficium, haben die administratores, Pfarrverweser, auch 
provisores genannt. Es sind dies Geistliche, die im Auftrage des 
Bischofs verwaiste Pfarreien bis zur ordnungsmäßigen Besetzung ver- 
walten und sämtliche seelsorgerischen Funktionen auszuüben haben. 
§ 150. Die gegenwärtige Stellung des preußischen 
Staates zu den Kirchen und den sonstigen Religions. 
gesellschaften. 
Die aus der Landeshoheit entspringenden Majestätsrechte über die 
in einem Staate befindlichen Kirchen und sonstigen Religionsgesellschaften
	        
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