§ 150. Die gegenwärtige Stellung d. preuß. Staates zu den Kirchen 2c. 561
Sachsen (Naumburg, Merseburg, Zeitz), da in den 1814 mit der
Monarchie wiedervereinigten und neuen Provinzen, in welchen die
erwähnten Kapitel rechtlich existierten, das Edikt vom 30. Oktober
1810 keine Gesetzeskraft erlangt hat. 1) (Vgl. Zirkularreskript des
Ministers des Innern vom 3. Januar 1817 über die Anwendung der
sich auf die Verfassung und Verwaltung beziehenden älteren Verord-
nungen und Edikte in den wiedervereinigten Provinzen in v. Kamptz,
Annalen Bd. 1 S. 2. Vgl. auch Altmann, a. a. O. S. 239 Anm. 1.)
Durch die Bulle de salute animarum vom 16. Juli 1821 (GS.
S. 113) wurden demnächst unter Sanktion des Staates neue katholische
Domstifte in Köln, Trier, Paderborn, Münster, Breslau, Posen,
Gnesen, Kulm (Peplin), Ermland (Frauenburg) sowie das Kollegiat-
stift zu Aachen gegründet. Die Würden und Kanonikate wurden
gesondert dotiert. Auch die infolge des Edikts vom 30. Oktober
1810 eingezogene Ballei Brandenburg wurde 1854 wiederhergestellt.
Das protestantische Domkapitel in Prandenburg ist eine privilegierte
Korporation im Sinne des § 25 II 6 A#R. I. 11 (ALR. SÖS 1218,
1219 vgl. mit §§ 393, 940 ebenda. Säkular-Ed. vom 30. Oktober
1810). Während des preußischen Kulturkampfs ist durch Gesetz vom
22. April 1875 die Einstellung aller Leistungen aus Staatsmitteln
für dieselben erfolgt. Die Wiederaufnahme der Leistungen ist unter
Bedingungen für statthaft erklärt. Durch Gesetz vom 7. Juni 1876
(GS. S. 149) ist eine staatliche Aufsicht in bezug auf das Vermögen
dieser Stifte geschaffen.
Nach § 1 des Gesetzes vom 31. Mai 1875 (GS. S. 217) sind
alle katholischen Orden und ordensähnlichen Kongregationen von dem
Gebiete der preußischen Monarchie ausgeschlossen. Die Errichtung von
Niederlassungen derselben ist untersagt. Die Einziehung ihres Vermögens
ist aber nicht erfolgt (vgl. OTr. Bd. 80 S. 238). Die Orden und
ordensähnlichen Kongregationen, welche sich ausschließlich der Kranken-
pflege widmen, bleiben fortbestehen; sie können jedoch jederzeit durch
königliche Verordnung aufgehoben werden; bis dahin sind die Minister
des Innern und der geistlichen Angelegenheiten ermächtigt, ihnen die
Aufnahme neuer Mitglieder zu gestatten. Die fortbestehenden Nieder-
lassungen der Orden und ordensähnlichen Kongregationen sind der Auf-
sicht des Staates unterworfen. Das Vermögen der aufgelösten Nieder-
1) Die innere Verfassung der evangelischen Kapitel regelt sich noch heute nach
ihren Statuten, Observanzen eventl. nach den Normen des kanonischen Rechts
(A##. II 11 §§ 1219 f). In den drei Domkapiteln gibt es zurzeit je zwei
Prälaturen, den Domdechanten und den Senior, in dem Kollegiatkapitel zu Zeitz
als einzigen Prälaten den Senior. Dazu kommen im Domkapitel zu Brandenburg
noch sieben Domherren, in den andern Kapiteln je ein Kapitular. Zur Führung
der Vermögensverwaltung sind bei jedem Kapitel besondere Beamte angestellt. Die
Verleihung der Stellen erfolgt in der Regel durch den König. Die Oberausfsicht
über die ehemalig sächsischen Kapitel führt der Oberpräsident der Provinz Sachsen,
die über das Domkapitel zu Brandenburg der Minister des Innern. Die Kapitel
haben Korporationsrechte. Als öffentliche Rechte üben sie nur noch das Präsen-
tationsrecht zum Herrenhaus nach der kgl. Verordnung vom 12. Oktober 1854
(§ 4) und Patronatsrechte aus.
Altmann, Sandruch, der Versossung II. 36